Way North

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Icefield Parkway

Sonntag, 30. Oktober 2016

KW 42/16 - Mexiko Ost

Es ist Montagmorgen und wir beginnen mit unserm Spanisch Sprachkurs. Um acht Uhr steht Daniel, vor der Türe. Er bringt die Zutaten für das heutige Frühstück. Es gibt «Quesadilla syncronizada», gefaltete Tortillas mit Schinken und Käse.
Im Anschluss daran, lernen wir die ersten regelmässigen Verben im Appartement und gehen vor dem Mittag zur Busstation. Hier gibt es keine Fahrpläne für das Publikum und keine Layouts die zeigen, welcher Bus, wann, wohin fährt. Hier muss man sich durchfragen. Man hält den Bus an und fragt den Fahrer oder man fragt die Leute auf der Strasse. Alle machen das so.
Wir fahren mit dem Bus ins Centro von Veracruz und besuchen dort den heimischen Markt. Von der Hauptstrasse aus ist nichts zu sehen. Kaum taucht man jedoch in die richtige Gasse ein, wird es lebendig. Es kommen einem immer mehr Leute entgegen Verkaufsstände blockieren den Gehsteig und wechseln sich mit geöffneten Ladenfassaden ab. Interessant wird es, wenn man von der sonnigen Strasse in die barrackenähnlichen
Geschäftsgassen eintaucht. Hier herrscht ein diffuses Licht, aber es ist dadurch kühler. Mann, Frau spaziert auf engen Wegen entlang von Verkaufs und Imbissständen. Gemüse, Früchte, Gewürze, Fleisch, Fisch und andere Leckereien werden
angeboten. Dazwischen findet man immer mal wieder einen Händler mit Handy Utensilien, Kleidern oder auch beliebt, die verschiedenen Geschenke und Präsente für den «Dia del Muerto». Es gibt auch Perücken- oder Parfüme-Läden, Schuhverkäufer und vieles mehr. Man kann sich hier stundenlang umsehen.
Um Ein Uhr gibt es ein lokales Menü im Restaurant «La Merced» und nachher fahren wir wieder zurück ins Appartement, wo wir nochmals Theorie büffeln. 
Ab Drei Uhr haben wir dann den Nachmittag für uns.

Am Abend klingelt es an der Türe, der Nachbar macht uns darauf aufmerksam, dass im Bus Licht brennt (*). Ich bedanke mich, lösche das Licht und offeriere einen Tequila, zumal wir, schon am ersten Abend, Früchte von ihnen bekommen haben. Zuerst lehnt er ab, aber er leistet nicht lange Widerstand. Mit vier Tequila steigen Erika und ich die Treppe runter und werden freundlich hereingebeten. Zu viert stossen wir auf gute Nachbarschaft an. Hier erfahren wir erst, dass seine Frau sonst nie Tequila trinkt. In gebrochenem Spanisch plaudern wir ein wenig über Mexiko, die Schweiz und unsere Reise. Sie wollen wissen, ob wir in der Schweiz auch Tequila haben und so landen wir beim Thema Schnaps. Wir erfahren, dass sie Früchte aus dem Garten einlegen und vergären lassen, die Kostprobe folgt umgehend, für Erika und mich ein Glas – sehr gefährlich. Selbstverständlich «dürfen» wir auch seinen Tequila probieren, er meint mit Limone und Salz schmeckt er am besten. Auch das probieren wir. Spät abends steigen wir mit, ein paar Promille mehr, einer Avocado und einer Einladung zum Fischessen, wieder die Treppen hoch. Der Nachbar muss schliesslich um fünf Uhr früh zur Arbeit.

(*) Ein Wackelkontakt an einem der Lichtschalter. Es kann vorkommen, dass man aus Versehen den Lichtschalter einschaltet und kein Licht brennt. Wenn das WOMO bewegt wird, gibt es plötzlich Kontakt und das Licht brennt – ist mühsam und vor allem nicht batteriefreundlich. Habe trotz Schalter aus- und wieder einbauen, noch nicht herausgefunden, wo das Problem liegt. Muss mal hinter der Abdeckung, die Kabelverbindungen prüfen.



Heute wird es sehr warm, weshalb wir unmittelbar nach dem Frühstück nach «Boca del Rio» aufbrechen. Dies ist ein neuer Vorort im Süden von Veracruz. Wir nutzen die frühe Stunde, steigen schon an der Strandpromenade aus dem Bus und spazieren den Strand entlang bis ins Stadtzentrum von «Boca del Rio». Wie wir beim «La Chata» vorbeikommen, erläutert uns Daniel, was Toritos sind. Gutschmeckende, likörähnliche, lokale Spezialitäten, die hier besonders gut sind. Das müssen wir probieren, schliesslich ist es heiss, Durst hat es inzwischen auch gegeben und wir wollen ja nebst der Sprache, vor allem auch die lokalen Spezialitäten kennen lernen. Erika probiert «Mango», ich «Erdnüsse» und zum Abschluss noch einen kleinen Schluck «Guanabana».
Dieser, wird aus der gleichnamigen, hiesigen Frucht gemachten und schmeckt so süffig, dass wir gleich eine Flasche mitnehmen.
Anschliessend geht die Entdeckungstour weiter durch die Stadt und Richtung Restaurant «El Bufé», wo wir à Diskretion vom Taco-Buffet schlemmen. Das heisst, auf Reisen essen wir normalerweise nicht sehr viel, so dass wir auch hier weit unter dem Durchschnitt liegen. Aber die Auswahl ist gross und gut. Es gibt nebst den feinen und scharfen Salsas (Saucen), Huhn-, Rind- und Schweinefleisch in verschiedenen Varianten. Für die Vegetarier hat es diverse Gemüse, Salat und zum Abschluss gibt es noch etwas Früchte zum Dessert.
Gut genährt kehren wir wieder in unser Appartement zurück und machen eine kleine Siesta.
Leider ist unser Solarpanel hinüber und so muss ich heute Nachmittag noch ein paar Abklärungen machen. Dann Hausaufgaben, noch etwas spanisches Fernsehen und dann geht es ab ins Bett.


Es ist Mittwoch und wir freuen uns auf den angesagten Ausflug. Wir haben keine Ahnung wohin es geht.
Nach dem Frühstück fahren wir mit Daniel zum Hafen und
besichtigen die Festung «San Juan de Ulúa». Die Festung wurde vorwiegend aus Korallen errichtet, was man heute noch sehr gut sehen kann. Sie diente der Abwehr von Piraten und anderen unliebsamen Gästen. Die Wände sind unglaublich dick, so dass sie jedem Kanonenbeschuss standhalten konnten. In den dunklen, kalten und feuchten Verliessen wurden Verbrecher, aber auch Leprakranke eingesperrt und isoliert – kein schöner Ort.
Die Festung ist relativ gut erhalten und gepflegt. Es wird nur das notwendigste (Sicherheit oder Substanzerhaltung) gemacht bzw. restauriert. Einzig das Haupthaus wurde weitgehend restauriert und beinhaltet eine Ausstellung über die damals ansässigen Indios.
In der Region Veracruz lebten keine Azteken oder Maya, aber die Auflistung der verschiedenen Ethnischen Gruppen zeigt, wie bunt und vielschichtig die Völker hier zusammengewürfelt sind. Hier leben die Nachkommen der Tepehua, Tanawatilis (Nauhas), Ndaru (Popolocas), Dakanitnu’u (Mixteco), Mazateca, Tachiwin (Totonaco), Hñahñu (Ouotomi), fast alles Namen, die ich zumindest, noch nie gehört habe – faszinierend!


Früher lag die Festung draussen im Meer, während sie heute eingebettet zwischen See- und Containerhafen liegt. Von hier aus ist die Sicht auf den Hafen einmalig und wir geniessen es zuzuschauen, wie die riesigen Schiffe in den Hafen einlaufen und anschliessend an ihren Platz bugsiert werden. Auch die grauen Pelikane sind hier zu Hause. Das Wasser um die Festung ist flach, für die Fischer nicht zugänglich und wimmelt deshalb nur so von Meeresbewohnern, ein richtiges Schlaraffenland für die gefiederten Kerle.










Veracruz y Puerto de Veracruz - Kurzinfo
Amtlich heisst die Stadt «Veracruz y Puerto de Veracruz», aber alle nennen sie nur Veracruz. Die Stadt zählt ungefähr 800'000 Einwohner oder «Jarochos» wie sie sich selbst nennen. Hier liegt der wichtigste Import- und zugleich grösste Seehafen von Mexiko.
Veracruz hat eine wechselhafte Geschichte und ist die älteste spanische Stadtgründung auf Mexikanischem Boden. Am Karfreitag des Jahres 1519, landete «Hernán Cortés» in «La Antigua», 25 km nördlich der jetzigen Stadt. Gründete dort die „Villa Rica de la Ver(dader)a Cruz“ (=die reiche Stadt des wahrhaftigen Kreuzes), eroberte von hier aus Mexiko und verfrachtete die hiesigen Schätze Richtung Spanien. Dies wiederum schürte die Gelüste anderer Staaten und natürlich auch diejenigen der Freibeuter und Piraten. Diese Siedlung wurde mehrmals zerstört und wiederaufgebaut, bis 1600 die endgültige Niederlassung „La Nueva Vera Cruz“ entstand.
Während des mexikanischen Krieges wurde die Stadt 1847 von den Amerikanern, 1860 von den Franzosen und zuletzt 1914 wieder von den Amerikanern, besetzt.
Diktator „Porfirio Diaz“ lies die Hafenanlage bauen und erschloss von hier aus das Land mit einer Eisenbahn. Die so geschaffenen Verkehrs- und Handelswege sorgten in Folge auch für einen rasanten Aufschwung. Zu Beginn wurde die Eisenbahn für den Personenverkehr und den Transport von Handelsgütern genutzt. Heute bewegen sich leider nur noch Handelsgüter auf Mexikos Schienen. Davon ausgenommen ist eine kleine Bahnstrecke als Touristenattraktion – schade!


Nach diesem Geschichtlichen Exkurs und dem schönen Hafen-Panorama gehen wir zum lokalen Fischmarkt und speisen im Restaurant «Erika». Die Meerfrüchte sind hier absolut frisch und super zubereitet. Eine lokale Spezialität sind auch die hier angebotenen Meerfrüchte-Cocktails – ein Genuss. Dazu gibt’s die bekannten Getränke wie «Jamaika», «Aqua con Limone» oder ein feines Bier. «En Guete!»



Heute Donnerstag lernen wir Marcela kennen. Eine angehende Spanischlehrerin, die mit uns den heutigen Tag verbringt. Nach der Theoriestunde, ziehen wir los und machen das etwas ältere Einkaufszenter «Las Americas» und das Neue «andamar» im Süden von Veracruz unsicher. Wir erfahren von den Beiden was out, was in, was gut und eher zu meiden ist. Natürlich wollen auch Daniel und Marcela wissen, was es Gleiches oder Ähnliches in der Schweiz gibt und ob es dort gleich populär wie in Mexiko ist.
Von der Terrasse des Einkaufszenters «andamar» geniessen wir einen wunderbaren Blick über die schönen Strände und die Goldküste, bevor es ins nahe gelegene Restaurant «Parroquia» (nicht das Original) zum Essen geht.




Am Freitag ist büffeln im Appartement angesagt. Von hier aus gehen wir am Nachmittag, im nahe gelegenen Restaurant «Pollo Leñero», ein «Pollos a la Leña» essen. Marcela bestellt uns einen guten Mix an Zutaten und so können wir alles ausprobieren – schmeckt ausgezeichnet. Anschliessend geht es zurück ins Appartement, wo wir noch ein paar unregelmässige Verben lernen.


Am Samstag lernen wir noch ein wenig Spanisch, gehen das Bier und verschiedene Gebäcke für das Fischessen mit den Nachbarn einkaufen und um drei Uhr, sitzen wir schon einen Stock tiefer. Dort treffen wir auf Balbina, Genaro und seine Mutter (82 Jahre jung). Während Balbina das Essen zubereitet, Genaro die Biergläser mit einem Chilirand versieht und einschenkt, zeigen wir der «jungen» Dame unser Familienalbum und erzählen ein wenig von der Schweiz.
Nun ist alles gerichtet und wir schreiten zur Tat. Es gibt Marisco (Meerfrüchte-) Suppe, Reis und die bekannte Tomatensauce «Pico de gallo», aber diesmal nicht mit normalem, sondern mit Habanero-Chili aus dem eigenen Garten – autsch, ist das scharf. Wir sind beruhigt, auch die Hersteller selbst prusten und meinen es sei schon etwas scharf geworden. Anschliessend gibt es gebratenen Fisch – sehr fein.
Gesättigt, setzen wir uns wieder zu einer lockeren Gesprächsrunde ins enge Wohnzimmer. Als wir den Vorschlag machen, unser WOMO zu besichtigen sind alle sofort einverstanden. Auch Mama Genaro steigt mit seiner und meiner Hilfe in unseren Kleinen ein, staunt über die Einrichtung im Innern. Als wir von unserem kleinen portablen WC erzählen, meint sie, wir hätten wie früher einen Nachthafen und lacht schelmisch.
Mit Kaffee, Gebäck und einem Absacker runden wir den gemütlichen Abend ab. Bis zum nächsten Mal.


Es ist Sonntag morgen, wir schlafen aus und skypen. Machen noch ein paar Arbeiten und fahren mit dem Bus in die Stadt. Den Nachmittag und den Abend verbringen wir im Stadtzentrum und um den «Zocalo» (Platz, Park). Hier finden zurzeit Tanzvorführungen der verschiedenen Folkloregruppen statt. Wir können gerade den Gruppen von «Huasteca» bei ihren Darbietungen zuschauen. Anschliessend spazieren wir zum Hafen ins «Gran Café de la Parroquia». Hier steht das Original (Parroquia ist heute eine Kette von Kaffees), das seit 1803 betrieben wird und eine lange Tradition hat. Man bestellt einen «Lechero» (Milchkaffee) und kommt nebst einem guten Kaffee, in den Genuss einer einmaligen Vorstellung. Mit viel Geschick, schenken die Kellner die Milch ein, füllen das Glas randvoll und schliessen mit einer schönen Schaumkrone ab – spitze!



Es wird schon dunkel als wir noch einen Blick in den Frachthafen werfen. Hier ist immer was los, die verschiedenen Schiffe, Ladekräne und sonstigen Gerätschaften, geben zusammen mit der Beleuchtung eine herrliche Kulisse ab – ich liebe es.

Wir spazieren zurück zum «Zocalo», geniessen nochmals die Tänze und die Musik der «Mariachi-Band». Wir nehmen so viel von der nächtlichen Atmosphäre und der Stimmung in uns auf wie wir können, bevor es mit dem Taxi zurück ins Quartier geht.

Und schon ist wieder eine erfüllte und erfühlte Woche in Mexiko zu Ende gegangen. Wir sind gespannt was nächste Woche auf uns zukommt.

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