Way North

Way North
Icefield Parkway

Dienstag, 25. Juli 2017

KW 27/17 - Argentinien Nord

Parque Nacional de Chaco – Playas de Itu
Weiter geht es den unendlich langen Weg quer durch den Norden Argentiniens. Die Strassen sind super und so kommen wir entsprechend gut voran, passieren Felder, Rinder und Pferdeherden. Immer wieder begegnen wir den Gauchos oder den typischen einachsigen Pferdefuhrwerken. Nebst dem professionellen Schnitt der Strassenränder, ist hier auch Brandrodung gang und gäbe. Ganze Felder werden abgebrannt. In der Schweiz macht man schon ein Theater, wenn Waldbesitzer nach dem Holzen ein paar Äste verbrennen – ein absoluter Irrwitz.


Noch vor dem Einnachten suchen wir uns einen Campground. Diejenigen die wir ausgesucht haben sind entweder geschlossen oder machen keinen überzeugenden Eindruck. So fahren wir bis an die «Playas de Itu» und übernachten wild, auf dem Parkplatz direkt am Fluss «Paraná».



Playas de Itu – Puerto Iguazú
Heute machen wir den grossen Sprung nach «Puerto Iguazú».
Unterwegs halten wir am Strassenrand und gehen bei einer privaten «Parilla» (Grill) essen. Von Nelson, Patricia und deren Sohn werden wir freundlich beraten und bewirtet. Nebst dem Grill haben sie ein einladendes Buffet mit Salat, Gemüse und Reis aufgebaut. Die Tischchen stehen auf dem leicht erhöhten Grünstreifen vor der Strasse. Ein friedliches Fleckchen. Wir sind die letzten Gäste, plaudern noch ein wenig mit ihnen. Erzählen über unsere Reise und die Schweiz und sie geben uns gute Tipps für die Weiterreise. Auch warnen sie uns vor den nächsten zwei Dörfern (Las Americas), wir sollten dort über Nacht und auch am Tag, besser nicht stehen bleiben da hier Drogen- und Waffenschmuggelgeschäfte über die Grenze nach Paraguay abgewickelt werden. Das Essen haben sie uns schlussendlich spendiert - muchos gracias!
So fahren wir durch bis «Puerto Iguazú» zum Camping «Cabañas Castillo Iguazú» und beziehen dort unser Nachtquartier für die nächsten Tage.


Iguazú
Nebst dem üblichen Reisebürokram, besuchen wir am Nachmittag die sagenumwobenen Wasserfälle von Iguazú. Im Allgemeinen sind sie hier gut organisiert. Das einzig störende ist, dass der Eintritt für Ausländer das doppelte kostet und nur bar, nicht per Kreditkarte beglichen werden kann. Dafür steht ein Bankomat vor Ort, bei dem die Touristen zuerst bares abheben müssen, wenn sie noch kein Ticket haben – so en seich!
Die Anlage ist riesig. Es reicht heute nur noch für den «Upper Trail», das heisst wir spazieren den Weg oberhalb der Wasserfälle entlang und kehren in einer Schlaufe wieder zum Ausgang zurück. Die verschiedenen Wasserfälle, die Flusslandschaft mit ihren Schluchten und die Tiere unterwegs sind super. Speziell die Nasenbären sind stinkfrech, krallen sich alles was sie kriegen können. Die Affen sind eher zurückhaltend, aber auch sie bieten eine einwandfreie Show, nebst den Touristen natürlich. Bevor wir die Anlage verlassen, gehen wir noch die Eintrittstickets abstempeln lassen. Mit denselben werden wir am nächsten Tag zum halben Preis reingelassen – wenigstens etwas (Einheimischen Tarif).


Heute wollen wir die Argentinische Seite der Iguazú-Fälle den ganzen Tag geniessen. Zuerst spazieren wir den «Lower Trail». Wir gehören zu den ersten im Park und können die Wasserfälle von unten und ganz nah (nass), geniessen. Eine Traumkulisse. Überall fliegen und sitzen Schmetterlinge die wir fotografieren. Später nehmen wir den Parkeignen Zug zur «Garganta del Diablo» (Teufelsschlund), dem höchstgelegenen Teil. Hier stürzen die Wassermassen in einem «Hexenkessel» die Wände hinunter – faszinierend. Auch hier, Schmetterlinge ohne Ende, dazwischen
Nasenbären, Tucane und andere Vögel. Im Fluss selbst schwimmen riesige Fische und die Schildkröten sonnen sich auf den Steinen. Wir geniessen den schönen Tag bei einer Lunchpause im Schatten der Bäume. Am Abend gehen wir müde und bald als letzte aus dem Park. Wir haben Glück, es ist Vollmond und gutes Wetter, weshalb wir für den Folgeabend eine Vollmondtour mit Nachtessen reservieren.


Einkaufen, bei der Wäscherei und beim Dreiländereck (Argentinien, Brasilien, Paraguay) schauen wir heute vorbei. Treffen dabei auf einheimische Camper und einen Peugeot Verkäufer, der den plausch an unserem «Kleinen» hat. Er gibt uns seine Geschäftsadresse und bittet uns dort für ein Foto vorbei zu schauen. Machen wir natürlich, aber leider ist der gute Mann nicht anwesend. So lassen wir eine Visitenkarte dort und fahren zum Camping zurück. Geniessen die Sonne und machen uns fit für unsere Vollmondtour.
Um acht fahren wir wieder zu den Wasserfällen. Werden dort bereits in Empfang genommen und in den Park hineingeführt. Wir sind erst bei der zweiten Tour dabei und haben dadurch die Möglichkeit zu wählen, ob wir vor oder nach der Tour das Nachtessen einnehmen wollen. Wir gehen zuerst essen. 
Es gibt Buffet mit verschiedenen Salaten, Gemüse, Teigwaren Poulet, Fisch, Fleisch und wie anders zu erwarten, eine Riesenauswahl vom Grill. Der Kellner ist ein lustiger Kerl, der sogar ein wenig deutsch spricht und uns hervorragend bewirtet. Gut verpflegt und dick eingepackt, gehen wir auf die Vollmondtour, besteigen den Zug, der uns wieder zur «Garganta del Diablo» fährt. Zu Beginn wird etwas zur Geschichte des Parks, des Landes und der hiesigen Mate-Tradition (Erklärung folgt nächste Woche) gesagt, es werden drei Guides vorgestellt, die am Anfang, in der Mitte und am Ende der Gruppe mitgehen. Hier leben unter anderem Jaguare und Pumas, entsprechende Vorsicht ist angezeigt, speziell die Kinder sollten nicht unbeaufsichtigt sein. Wir sind an der Spitze der Gruppe in den Zug gestiegen. In Vollmondheller Nacht fahren wir durch den Dschungel bis zur Endstation. Steigen aus und marschieren zügig über die Plankenstege bis zur «Garganta del Diablo». Als Erste haben wir deshalb am meisten Zeit und zu Beginn noch freie Sicht, auf die silbrig glänzenden Wassermassen, die hier in die Tiefe stürzen. Der Wind treibt die Wolke aus Wassernebel, die über diesem Inferno schwebt, mal in die eine mal in die andere Richtung. Wir werden regelmässig geduscht. Das Spektakel ist auch in der Nacht faszinieren und das Mondlicht sorgt für eine besondere Szenerie – super!



Heute Samstag holen wir unsere Wäsche ab, gehen nochmals einkaufen und füllen unseren Wassertank auf. Den Rest des Tages machen wir frei, geniessen die Sonne in kurzen Hosen und Shirt.


Wie wir aus dem WOMO schauen, begrüsst uns ein regnerischer Sonntagmorgen. Wir beschliessen hier zu bleiben, zu lesen, skypen, bloggen und mailen. Die Hoffnung besteht, dass Morgen schönes Wetter ist, wir auf die Brasilianische Seite wechseln und die Wasserfälle von dort aus anschauen können. 

Freitag, 21. Juli 2017

KW 26/17 - Argentinien Nord

Humahuaca - Salta
Und weiter geht die Fahrt, heute durch den schönsten Teil der «Quebrada de Humahuaca» (der farbigen Schlucht). Wir fahren dem Tal entlang, vorbei an wahrscheinlich dem grössten Lama der Welt und zweigen auf der Höhe von Purmamarca ins Seitental ein. Fahren bis zur Stadt, wo schon bei der Eingangstafel die ersten Touristenbusse gehalten haben und ein Selfi nach dem andern geschossen wird. In der Stadt selbst ist bereits viel los. Die Reisecars stehen schon in den Gassen und fluten die engen Strassen mit ihrer Fracht. Wir halten vor der Stadt und spazieren durch die Gassen, dem bunten Markt entlang, bis zum Siebenfarbigen Berg, dem eigentlichen Touristenmagnet, der sich hinter der Stadt erhebt. Die meisten steigen auf den gegenüberliegenden Hügel, zahlen der Einheimischen 5 Pesos und knipsen ein paar Bilder, bevor sie wieder zu den Bussen zurückkehren. Wir und ein paar wenige Idealisten gehen rund um den Berg herum und
entdecken dahinter eine malerische Bergwelt. Hügel und Strassen fügen sich zu kontrastreichen Bildern zusammen. Es ist herrlich hier entlang zu spazieren. Wir umrunden das ganze Massiv und kehren von der anderen Seite wieder in die Stadt zurück. Mit unserem Kleinen machen wir noch einen Ausflug in diese bunte Berglandschaft und schiessen ein paar Fotos – tolle Gegend!
Während in der Höhe die Laubbäume noch kahl daherkommen, wird es Talabwärts grüner und bunter. Die Gegend sieht aus wie Europa im Herbst. Wir hatten seit rund eineinhalb Jahren keinen Herbst mehr und so geniessen wir die Szenerie ganz besonders. Eine erste Einstimmung auf die bevorstehende Heimreise.
Wir fahren weiter bis Salta, biegen zum Camping «Carlos Xamena» ein und fragen nach einem Stellplatz. Zu Fuss erkunden wir zuerst das Areal. Begrüssen den Österreicher mit seinem Jeep, der uns schon auf der Anfahrt begegnet ist und spazieren bis zum Ende der Stellplätze. Dort parkt ein Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen. Das Girl steigt gerade aus dem Bus und wie wir einander begrüssen, stellen wir fest, dass beide Schweizerdeutsch sprechen. Wie wir uns vorstellen meint sie: «aaahhh!» Dann seid ihr diejenigen, über die Thomas die Kolumne geschrieben hat. Sie und ihr Freund, der inzwischen zu uns gestossen ist, kennen Thomas und Lea (haben wir in Uyuni getroffen) ebenfalls – wie klein doch die Welt ist.

An diesem Abend Grillen und vertilgen Patricia und Manuel ein riesen Filet, wir kochen traditionell, da wir in Argentinien noch nicht gross eingekauft und uns für’s Grillen eingedeckt haben. Beim gemeinsamen Abendessen erfahren wir so nebenbei, dass Patricia das Patenkind eines Kollegen aus unserem Dorf ist – Wahnsinn, die Welt wird nochmals kleiner.


Am Dienstag steht einkaufen, lesen, skypen, mailen, bloggen, die Sonne und vor allem die Wärme geniessen, auf dem Programm. Nach den kalten Tagen in Uyuni und Tupiza eine willkommene Abwechslung. In T-Shirt und kurzen Hosen sitzen wir draussen. Unsere Reisegefährten streichen noch die Roststellen am erworbenen WOMO während ich ihren Spannungswandler repariere.
Zur Auflockerung gehen wir zu Fuss in die Stadt einkaufen und machen am Abend ein Grillfest mit riesen Steaks. So habe ich mir Argentinien vorgestellt – 100% Treffer.


Heute machen wir mit Patricia und Manuel einen gemeinsamen Stadtbummel. Wir marschieren bis ins Zentrum und nehmen die Gondelbahn auf den «Nevada San Bernardo» (Aussichtsberg von Salta). Diese Bahn wurde vom Schweizer Unternehmen Caraventa gebaut – super. Auf dem Berg angekommen geniessen wir zuerst eine originelle Weindegustation beim «Wine & Bike». Der Typ hat ein schönes und originelles Fahrrad gebaut und verkauft den Wein nur so, kein Laden nichts. Gut eingedeckt geniessen wir die Aussicht über die Stadt, schauen ein wenig den Kraftprotzen beim Fitness zu. Auf dem Berg stehen zwei Fitnessplätze zur Verfügung. Überall in der Stadt und in den Parkanlagen findet man diese Fitnessanlagen – irre!
Nach einem längeren Marsch den Berg hinunter und durch die Stadt, kehren wir in einem Restaurant, dass Manuel herausgesucht hat ein. Es ist bekannt für Grillspezialitäten. Gegrilltes und vor allem Rindfleisch sind in Argentinien populär und überall zu haben. Unsere beiden Reisegefährten sind wie ich Fleischtiger, haben bereits Argentinienerfahrung und dementsprechend viel Fleisch kommt heute auf den Tisch. Die Beratung durch den Kellner ist hervorragend. Er erläutert uns die verschiedenen Fleischsorten genauso fachkundig wie die diversen Weine – wunderbar!


Salta – Tankstelle im nirgendwo
Von Salta geht es quer durch den Norden von Argentinien. Die Strassen sind lange, gerade, gut ausgebaut und beidseitig wechseln sich Felder mit Rinder und Pferdeweiden ab. Es ist unglaublich wie oft hier Polizeikontrollen durchgeführt werden. Mehrfach haben wir Glück und werden durchgewunken oder können nach einer kurzen Auskunft zum woher und wohin, weiterfahren.
Wir sind froh, können wir an den Tankstellen wieder normal tanken (nicht wie in Bolivien) und sind dieselben gepflegt und sauber. Viele bieten Toiletten mit Duschmöglichkeiten an und werden von den Truckern auch rege genutzt. Auch wir geniessen heute den Sonnenuntergang auf dem Rastplatz der Tankstelle.


Tankstelle im nirgendwo - Wildcamping (zw. Pampa del Infierno & Conceptión del Bermejo)
Und weiter geht es auf der langen Geraden. Nebst vielen
Mönchssittichen und Papageien, säumen auch viele Greifvögel die Bäume und Sträucher an den Strassenrändern. Kein Wunder, seit langem wieder einmal, ist unsere Frontscheibe ein Mückenfriedhof und die Felder links und rechts der Strasse lassen auf ein üppiges Nahrungsangebot schliessen. Wir geniessen, halten ab und zu an und fotografieren.


Wildcamping – Parc Nacional de Chaco
Und immer noch geht es gerade aus, Kilometer für Kilometer
«brettern» wir über die gut ausgebaute Strasse. Bei einem Tankstopp, spricht uns ein Autostopper an und fragt, ob wir sie ein Stück mitnehmen. Wir sind schon einmal an ihnen vorbeigerauscht, aber diesmal nehmen wir Juan Jesús und David einige Kilometer mit. Bei der Abzweigung zum «Parc Nacional de Chaco» steigen sie wieder aus, sie wollen auf direktem Weg nach «Resistencia» Wir können es nicht lassen und fahren auf einer Dreckstrasse weiter bis zum Park. Büsche, ausgedehnte Wattgebiete und Wasserflächen säumen den Weg. Es gibt viele Gelegenheiten, die lokale Vogelwelt zu knipsen.
Störche, Ibisse, Reiher, Eisvögel und andere interessante Vögel, lassen sich relativ relaxed fotografieren. Leider ist es etwas bewölkt, so dass nicht immer optimale Bedingungen herrschen, aber man kann halt nicht immer gewinnen.
Im «Parc Nacional de Chaco» werden wir von einem Ranger begrüsst und auf die anwesenden Pumas aufmerksam gemacht. Diverse Tagestouristen sind noch am Grillen oder brechen gerade auf, während wir uns einrichten. Schlussendlich stehen wir noch alleine auf weiter Flur. Wir spazieren durch den Campground und treffen auf diverse interessante Vögel. Sie sind wenig scheu und lassen sich teilweise aus nächster Nähe fotografieren.
Plötzlich setzt ein entsetzliches Gebrüll ein. Zuerst meinen wir es
seien Brüllaffen, wie wir der Sache auf den Grund gehen, stellen wir fest, es sind die komischen Hühner die hier überall herumstreifen und einen unglaublichen Krach vollführen.
Um die Beine noch ein wenig zu vertreten, begeben wir uns auf den Rundgang zum «Rio Negro». Der Weg ist nichts Besonderes, führt über den mückenverseuchten Fluss, geht durch den Wald und wieder zurück über den Fluss. Tiere im dichten grün zu erspähen ist sehr schwierig und so kehren wir erfolglos zum Camping zurück.
Wir richten uns auf eine einsame und ruhige Nacht ein, aber als ich
gerade vom Duschen retour komme, fährt ein struber Kautz mit einem Klappbike ein. Er ist genauso überrascht wie ich, und ruft: «Nei das glaub i nöd, Schwiizer!». Urs der Biker ist seit vier Monaten mit diesem Gefährt unterwegs. Ich frage mich, wie man mit so einem Ding, solche Strecken zurücklegen kann. Wir laden ihn ein, nach dem Nachtessen auf einen Schlumi bei uns reinzuschauen.



Wieder einmal ist es Sonntagmorgen früh. Wir machen die lange Wanderung zu den Lagunen. Da es noch zu dunkel ist zum losgehen, beschliessen wir entgegen der Planung zuerst zu Frühstücken und beim ersten Sonnenlicht loszumarschieren. Die Strecke kann auch per Auto befahren werden und dementsprechend ist der Weg. Ausser einem Pekari (Schwein), das uns über den Weg läuft, misstrauisch mustert und dann laut protestierend im Busch verschwindet, sehen wir nichts Spezielles – schade! Wir kehren wieder zurück zu unserem WOMO und geniessen den Campground. Dies ist die interessanteste und belebteste Zone in der ganzen Gegend.
Am Abend feiern wir unseren 29. Jahrestag von Krieg und Frieden und gehen beizeiten Schlafen. Es ist noch ein langer Weg bis Iguazú.

Dienstag, 18. Juli 2017

KW 25/17 - Bolivien Südwest / Argentinien Nord

Uyuni

Heute gehen wir mit Nicole, Roman und Abby durch den Markt, geniessen die Sonne in einem lauschigen Gartenkaffe und fahren anschliessend zum Übernachten in den «Cementerio de Trenes». Wir wollen ausprobieren, ob mit deren Kamera nicht doch noch Nachtaufnahmen machen können. Einmal mehr ist es eiskalt. Roman und mir frieren die Finger ab beim Fotografieren, während sich Nicole nicht mehr vom Sternenhimmel losreissen kann. Irgendwann haben wir dann doch genug und hüpfen ins warme WOMO nehmen einen Schlumi um der Erkältung vorzubeugen, bevor wir im warmen Schlafsack verschwinden.


Uyuni - Tupiza
Während Erika und ich noch einkaufen und Mailen gehen, fahren unsere Reisegefährten bereits Richtung «Tupiza». Thomas, den wir letzte Woche zusammen mit Lea getroffen haben, hat uns angeschrieben. Sie sind bereits in Argentinien angekommen und da diesmal das Interview mit den Truckern nicht viel hergegeben hat, fragt er uns an, ob er seine Kolumne diesmal über uns schreiben darf. Selbstverständlich machen wir mit und bestätigen dies noch kurz vor unserer Abfahrt. Wir versprechen, den Bericht, heute Abend gegen zu lesen, wenn er vorliegt. Wir sollten in «Tupiza» Anschluss haben und die Strasse dorthin sollte gemäss einem Einheimischen, der die Gegend gelobt hat, geteert und gut sein.
Hinter «Uyuni» beginnt es bereits lustig zu werden. Die Piste ist von einer Sanddüne überdeckt und die Umleitung führt durch die Pampa. Auch hier müssen wir durch diverse Sandverwehungen fahren. Es ist gerade noch möglich. Fängt ja gut an. Wir hoffen es geht auf der restlichen Piste besser zu und her. Leider sehen wir von der viel gelobten Teerpiste nicht viel. Es ist eine reine Kiesstrasse die ordentlich staubt. Wir sind schon eine Weile unterwegs, als wir Roman und Nicole weit vor uns fahren sehen. Langsam aber stetig holen wir auf bis … mitten im Nirgendwo die Piste in einem Sandhaufen endet. Der Zirkus, den wir in «Uyuni» gesehen haben steckt auch schon hier. 

Roman fährt durch den Sand bis zu ihnen vor und ich hinterher. Sie Zirkusleute schleppen gerade ihren Anhänger retour. Es ist gibt kein Durchkommen. Während Roman mit seinem 4x4 wendet, fahre ich die Strecke rückwärts durch den Sand, bis zur Umleitung. Das heisst einer wilden (kein offizieller Weg) Fahrspur durch die Wüste. Ich fahre voraus und Roman hinterher. Es staubt gewaltig, aber bis jetzt ist die Strecke fahrbar. Plötzlich kommen mehrere sandgefüllte Senken. Die ersten passieren wir mehr oder weniger problemlos. Bei der letzten bleibe ich stecken. Es fehlt nicht viel. Nochmals zurücksetzen, etwas schieben und wir sind durch. Als endlich die Kiesstrasse in Sicht kommt, versperrt uns ein Sandhügel die Zufahrt. Ich gehe ihn mit Schwung an und wir flutschen
relativ gut darüber. Glück gehabt. Zwischendurch erleben wir eine gut ausgebaute Teerstrasse, aber das Glück hält nicht lange an, dann geht es bereits wieder auf der provisorischen Kiesstrasse weiter. Dauernd werden Umleitungen gemeldet und wir machen mal einen Bogen nach Links, dann nach rechts, nur die offizielle Strasse können wir nicht benutzen. Auf hunderten Kilometern sind sie am Bauen - so ein Blödsinn! Die Beschilderung ist lausig und als ich den nächsten Busfahrer anhalte und nach dem Weg frage, meint er einfach im Flussbett weiterfahren – super! Es beginnt bereits dunkel zu werden, wir fahren Hügel rauf, Hügel runter, dann wieder durch das Flussbett. Es ist eine einzige Lotterie.
Im Scheinwerferlicht passieren wir eine hügelige Partie, fahren auf der anderen Seite wieder hinunter auf ein Dorf zu. Dem Dorf entlang durchs Flussbett und wieder auf die Strasse, wo wir vor einer Schranke zum Stehen kommen. Roman und Nicole sind inzwischen weit hinter uns geblieben. Wir zahlen die Maut, fahren unter der Schranke durch und warten. Unsere Reisegefährten sind inzwischen weiter hinten, vor der Querung des Flussbettes stehen geblieben?!
Es ist schwarze Nacht, kaum Sicht und immer wieder laufen Leute umher oder passieren PKW’s und Trucks die Strasse. Während Erika im WOMO wartet, laufe ich zurück um zu sehen was los ist. Wie ich bei den beiden ankomme, teilt mir Roman mit, dass die Bremsen nicht mehr funktionieren. Es stinkt auch dementsprechend. Ich schlage vor, mit der Handbremse zu uns vorzufahren und laufe wieder zurück auf die Mautstelle zu. Dort steht ein Polizist, den wir um Rat fragen können. Aber sie kommen nicht, auch dies funktioniert nicht wie Roman es sich vorstellt und so bleiben sie am Strassenrand stehen. Stattdessen kommt Roman nach vorne, wir fragen die Leute an der Mautstelle ob ein Mechaniker im Ort ist, was sie jedoch verneinen. Die nächste Möglichkeit sei in «Tupiza». Aber hier hätte es viele LKW’s die unterwegs sind und dementsprechend patrouillieren immer wieder Mechaniker. Sie sollen doch bis Morgen warten.
Roman beschliesst den Camper nicht alleine zu lassen und so werden sie hier übernachten. Wir fahren weiter bis «Tupiza», da wir Thomas versprochen haben den Zeitungsbericht noch heute gegenzulesen. Wir wünschen den Beiden Glück und hoffen sie Morgen in «Tupiza» wieder zu sehen.
Die Weiterfahrt ist ein Alptraum. Müde und genervt nach stundenlanger Staub- und Holperfahrt durch die Einöde, quälen wir uns in schwärzester Nacht durchs unwegsame Flussbett. Die Sicht ist miserabel und dadurch ist nicht immer klar, welchen Flussübergang wir nehmen müssen, zumal überall Spuren sind. Es geht soweit, dass sich anhalte, aussteige und mit der Taschenlampe versuche zu ergründen wo der Weg weitergeht. Es hat nicht viel gefehlt, dann hätte ich durch den Fluss waten und zu Fuss, den Weg erkunden müssen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir nachts um zehn Uhr das Hostal «Butch Cassidy». Die Leute wollen gerade den dazugehörenden Einkaufsladen schliessen als wir vorfahren. Freundlich begrüsst uns der Chef und meint es tut ihm leid, aber er habe keinen Platz mehr frei. Er schickt uns um die Ecke zum nächsten Hostal. Wie wir dort vorfahren gefällt uns dies überhaupt nicht. Es scheint auch nicht besetzt zu sein. Die Dame fragt ob wir einen Platz brauchen und wir verneinen. Dieser Platz gefällt uns nicht und WiFi haben sie wahrscheinlich auch nicht.
Wir fahren wieder zurück zum «Butch Cassidy». Diesmal haben wir eine längere Diskussion. Ich frage den Chef ob wir vor dem Hostal stehen können. Er meint ja, aber führt mich gleichzeitig zum Hinterhof des Hostals. Dort stehen bereits zwei Overlander-Jeeps. Er fragt, ob unser «Kleiner» hinter dem einen Platz findet. Ich meine schon und so probieren wir es. Ich fahre ums Haus und quetsche den «Kleinen» hinter einen Jeep. Passt alles, das Tor geht zu und alle sind happy – wir bleiben.
Zuerst müssen wir natürlich wieder das WOMO entstauben, bevor wir uns in die warmen Schlafsäcke kuscheln können. Aber irgendwann ist es dann geschafft, wir sind’s schon lange. Gute Nacht!



Tupiza
Zuerst geniessen wir das Frühstücksbuffet. Dies ist im Preis für die Übernachtung inklusive und es ist hervorragend. Eine freudige Überraschung und reichlich. Von verschiedenen Brötchen, Pfannkuchen über Müesli, Joghurt, Milch, Kaffee, Schinken, Käse und diversen Früchten ist alles da - sensationell. Das einzige Handicap ist die Raumtemperatur. Es ist eiskalt und alle laufen mit dicken Pullovern und Jacken im Haus herum. Eine Heizung und dichte Fenster sind Fremdworte. Bedingt durch die Betonwände und die der Morgensonne abgeneigte Seite, ist der Frühstücksraum ein Gefrierschrank um diese Jahreszeit.
Im Laufe des Morgens treffen Roman, Nicole und Abby hier ein. So früh hätten wir sie nicht erwartet. Aber sie sind losgefahren ohne einen Mechaniker konsultiert zu haben. Roman meinte, die Bremsen hätten wieder etwas besser funktioniert. Wir nehmen das Auto nochmals in Augenschein, prüfen nochmals alle Sicherungen und wie ich unter dem Auto liege, zupfe ich eine verschrumpelte Dichtung aus dem Bremsblock. Da sie den Zustand der Bremsen und der Bremsbacken eh nicht kennen, müssen sie so oder so in die nächste Garage. Der Chef empfiehlt eine Garage ein paar Häuser weiter. Aber vorerst wollen sie mal Ausruhen. Sie hatten auch einen Vorfall nach dem Andern und im Moment die Schnauze voll – das kennen wir doch.
Heute Abend kochen wir gemeinsam in der Hostalküche. Das heisst Roman und ich machen die Küche unsicher, währen die Frauen plaudern und den Tisch decken. Es gibt das Trockenfleisch das wir aus Uyuni mitgebracht haben, Teigwaren und Gemüse. Es war gut, aber das nächst Mal werden wir das Trockenfleisch länger wässern und anschliessend weich klopfen. Man hat nie ausgelernt.


Es ist Donnerstagmorgen und nach dem gemeinsamen Frühstück, bringt Roman das Auto in die Garage. Wir bloggen, mailen, bearbeiten Fotos und lesen. Dazwischen geht Nicole mal in der Garage nachschauen was läuft. Sie kommt zurück und fragt mich ob ich mal mitkommen könnte.
Wie ich zur Garage komme, stehen Roman und der Mechaniker bereit und wollen mit einem Taxi Bremsklötze besorgen. Roman zeigt mir die Bremsklötze, sie sehen nicht sonderlich gut aus, aber auf die Frage was mit dem Rest der Bremsen sei, meint er wir gehen es mal anschauen. So marschieren alle wieder zur Garage. Die Bremsen sehen miserabel aus. Der Dichtungsring auf dem Bremszylinder ist ganz verschmolzen. Auch die zweite Dichtung im Bremsblock ist hinüber und nur noch eine schrumpelige Masse. Ich frage den Mechaniker was er hier gedenkt zu tun. Die Antwort überrascht. Er meint gar nichts, sie hätten keine Dichtungsringe. Ich teile ihm mit, dass wenn er dies nicht reparieren kann, er auch keine Bremsbacken besorgen braucht. Jetzt übernimmt ein zweiter Mechaniker die Sache. Gemeinsam bauen wir die Bremszylinder aus und fummeln den Rest der Dichtungen heraus. Mit diesen Mustern, machen sie sich auf den Weg, Bremsbacken und Dichtungen zu besorgen. Ich gehe ins Hostal zurück während Nicole beim WOMO ausharrt.
Kurz vor dem Mittag gehen wir wieder in der Garage vorbei. Inzwischen haben sie beide Bremsen ausgebaut und der neue Mechaniker schneidet und klebt Dichtungen zusammen. So ist’s recht, dies ist die richtige Richtung.
Inzwischen ist es Mittag und Zeit zum Essen. Gemeinsam gehen wir fünf, Nicole, Roman, Abby, Erika und ich durch die Stadt und den Markt. Essen bei einer freundlichen Lady am Stand eine Suppe und kehren anschliessend in die Werkstatt zurück. Die Arbeit schreitet langsam aber stetig voran. Während Roman dort bleibt, kehren wir Andern wieder zum Hostal zurück. Lesen, schreiben, den Rest der Reise planen.
Gegen Abend gehe ich nochmals in der Werkstatt vorbei. Sie sind offensichtlich fertig mit der Arbeit und fahren los um die Bremsen zu testen. Wie es scheint, funktionieren sie wieder. Ich schau nochmals unten rein und stelle fest, dass die Gummimanschette nicht über dem Gelenk sitzt. Wie gestern schon war sie lose. Die Idi…n mussten den ganzen Tag drumherum werkeln und keinem kam es in den Sinn, dies zu reparieren. Ich teile dem Mechaniker mit, dass er noch nicht fertig sei und zeige im den Schaden. Daraufhin geht Roman einen Metallkabelbinder besorgen und der Mechaniker legt sich nochmals unters Auto. Unglaublich diese Burschen.
Ganz anders dazu steht die Familie und das Personal des Hostals. Sie sind immer freundlich, fragen ob wir was brauchen. Jeden Tag wird der Boden aufgenommen, die Zimmer gereinigt und auch beim
Frühstücksbuffet sind sie sorgfältig darauf bedacht, dass alles perfekt ist – was für Gegensätze.
Heute Abend gibt es eine typisch ostdeutsche Nachkriegsspezialität. Roman kocht und Nicole bereitet die Sauce zu. Es gibt hartgekochte Eier mit Kartoffeln an Senfsauce. Wir decken den Tisch und sind gespannt darauf, was die Beiden uns da präsentieren. Eingehüllt in die Wolldecken, die uns die Chefin noch gebracht hat, lassen wir uns diese leckere Spezialität bei einem Gläschen Wein, schmecken. Gut gemacht, vielen Dank!


Heute ist ausspannen und Auto waschen angesagt. Ab Abend gehen wir zur Abwechslung zu viert in die Stadt essen. In einer Hähnchenbeiz gibt es ein gut gegrilltes Poulet. Unser letzter gemeinsamer Abend, bevor sich unsere Wege wieder trennen – schade, hat Spass gemacht.


Tupiza (Bolivien) – Abra Pampa (Argentinien)
Noch ein gemeinsames Frühstück und dann heisst es Startvorbereitungen treffen. Im Frühstücksraum werden wir von einem Gast auf unser Schweizerdeutsch angesprochen. Sie ist Neuseeländerin und ihre Mutter war Schweizerin. Gemeinsam mit Ihrem Mann, ist sie gestern mitten in der Nacht mit dem Zug angekommen. Hatte einen bösen Sturz, sich eine böse Beule auf der Stirn eingefangen und konnte sich noch ins Hostal retten (sie haben den Chef aus dem Bett geklingelt). Wir plaudern noch eine kurze Runde, schiessen ein Foto und jetzt ist es definitiv Zeit, um sich von allen zu verabschieden, auch vom netten Hotelpersonal.
Nochmals fahren wir durch eine wilde und schöne Westernlandschaft im Süden von Bolivien. Der
Hostal-Name «Butch Cassidy» könnte treffender nicht sein. Hier waren wir wirklich im wilden Westen.
Dann heisst es by, by Bolivien und Welcome Argentinien.
Wir überqueren die Grenze bei «Villazon». Die Grenzabfertigung in Bolivien ist wie wir sie in Südamerika bisher kennen. Aber in Argentinien betreten wir eine andere Welt. Die Leute handhaben die Sache sehr professionell und nach Europäischem Standard. Sind freundlich und sprechen sogar englisch. Wie wir sehen, wie sie die Familie mit dem kleinen PW vor uns auseinander nehmen, jedes Gepäckstück ausladen und durch den Röntgenscanner laufen lassen, befürchten wir schlimmes. Was wollen sie mit unserem Haushalt machen, ebenfalls alles ausräumen oder noch schlimmer?
Derselbe Typ kommt mit uns ins Office, füllt die Papiere aus und lädt uns ein vorzufahren. Während ich vor die Absperrung rolle, beratschlagen sich die drei Zollbeamten. Zwei steigen anschliessend ein und während der eine mich interviewt, schaut der andere mehr oder weniger oberflächlich in den verschiedenen Ecken des WOMOS nach. Er öffnet keinen Schrank. Der erste ist begeistert von unserer Reise und als wir erzählen wir seien von Alaska heruntergefahren finden die beiden das toll und meinen alles ok., wir können weiterfahren. Erleichtert verabschieden wir uns und wünschen ihnen einen schönen Tag.
Wir haben wirklich die Grenzen zu einer anderen Welt überschritten. Die Strassen in Argentinien sind hervorragend. Halbe Highways mit sauber und frei geschnittenen Strassenrändern. Kein Müll säumt mehr dieselben. Auch die Häuser, selbst die ärmlichen Hütten die wir passieren sind nicht mehr zugemüllt. Die Fassaden sind gestrichen und nicht wie vorher rohe Backstein- oder Holzwände und man hält sich vermehrt wieder an die Verkehrsregeln. Wir fahren bis «Abra Pampa» wo wir hinter dem «Hotel Suisse» übernachten. Der Besitzer ist zurzeit nicht anwesend und taucht auch später nicht auf. Egal, wir geniessen eine ruhige Nacht.


Abra Pampa – Humahuaca
Weiter geht die Fahrt über die Ebene der Puna, hinunter nach «Humahuaca», das immerhin noch auf 2936 müM liegt. Auf dem Weg dahin, fahren wir durch die gleichnamige Schlucht (Quebrada de Humahuaca), die auch gerne die «Schlucht der Farben» genannt wird.  Der Formen und Farbenreichtum der Berge und Felder ist einmalig und man kann sich nicht satt sehen daran. An der Strasse stehen immer wieder farbig bemalte Bushäuschen. Ein weiteres Zeichen einer gänzlich anderen Kultur gegenüber den anderen südamerikanischen Ländern die wir bisher gesehen haben – interessant. In «Humahuaca» sehen wir das erste Mal seit langem wieder ein Tourist Informationszeichen. Wir biegen ab und schauen, was es auf sich hat. Tatsächlich steht ein Tourist-Büro hier, hat geöffnet und der Typ drückt mir eine Karte mit Informationen zur Gegend und der Stadt in die Hand. Zuerst wollten wir vorbeifahren, da die Stadt von der Strasse aus nicht besonders einladend aussah. Die neuen Informationen machen Neugierig auf mehr. Wir fahren in die Stadt, halten in der Nähe des Hauptplatzes und machen einen Stadtbummel. Besuchen das überdimensionierte Unabhängigkeitsdenkmal, die Märkte und kaufen in einem Laden Salami und
Käse ein. Beim Hostal «La Puerta Verde», essen wir einen Happen. Da sie am Abend hier ein Konzert haben, fragen wir den Beizer, wo wir unser WOMO hinstellen und übernachten können. Er meint vor der Türe sei kein Problem. Der Beschluss ist schnell gefasst, wir gehen zu unserem «Kleinen» zurück, der immer noch in der Gasse auf uns wartet. Inzwischen klemmt ein Zettel unter den Scheibenwischer. Der Text lautet: «Wow, such a nice home. If you think in sell it, I’m from Argentina (Buenos Aires). Best wishes! Manuel» (Wow, was für ein schönes Zuhause, wenn ihr denkt es zu verkaufen, ich bin aus Argentinien (Buenos Aires). Beste Wünsche! Manuel). Was sagt man dazu. Wir nehmen zur Kenntnis, die Argentinier haben Geschmack.
Aber vorerst fahren wir heute noch vor Sonnenuntergang zum Berg der vierzehn Farben. Er ist rund 24km weiter hinten, allerdings geht die Fahrt rund 1300 Meter den Berg hoch. Wir hoffen noch bei guter Beleuchtung dort anzukommen.
Wir überqueren die Brücke und biegen schon wieder in eine staubige Kiesstrasse ein. Offensichtlich können wir einfach nicht auf den gut ausgebauten Teerstrassen bleiben. Mehr oder weniger schnell holpern wir in ein Seitental hinein, den Hang hoch, winden uns in vielen Kurven um immer wieder neue auftauchende Hügel und Berge. Es scheint kein Ende zu nehmen. Endlich, nach langer staubiger und holperiger Strecke, erreichen wir den Bergsattel und eine Tafel weisst uns den Weg zum Aussichtspunkt «MIRRADOR: Cerros de 14 Colores, Hornocal». Es sind noch rund zwei Kilometer bis dahin. Kurz hinter der Tafel biegen wir ab und fahren eine Steigung hoch, als unser «Kleiner» beschliesst es sei jetzt genug. Er stottert und bleibt stehen. Es nützt alles nichts. Er meint ab hier sollen wir laufen. Mit dem Anlasser kann ich ihn gerade noch so halbwegs vom Weg befördern, bevor wir aussteigen und im Schein der untergehenden Sonne losmarschieren.
Ausser Sichtweite unseres WOMO, nach rund 300 Meter Fussmarsch erreichen wir den Parkeingang. Die Rangerin steht immer noch dort und kassiert die Autofahrer ab. Uns begrüsst sie freundlich, wundert sich sehr wahrscheinlich woher wir zu Fuss und so leicht bekleidet gekommen sind (der Wind ist frisch und wir sind kurzärmlig). Ich frage wie weit es noch bis zum Aussichtspunkt ist und sie teilt uns mit dass derselbe hinter der nächsten Hügelkuppe liegt und lässt uns gratis passieren. Ein kleiner Trost.
Nach zügigem Fussmarsch erreichen wir ein umwerfendes Bergpanorama. Die seltsam gezackten und bunten Bergspitzen des «Hornocal» sehen im warmen Abendlicht fantastisch aus. Wir sind Gott sei Dank noch an die Höhe gewöhnt, so dass wir diesen Anblick auch geniessen können. Andere Touristen haben uns erzählt sie seien völlig ausser Atem gewesen. Kein Wunder, dieser Flecken liegt ja auch auf 4350 müM. Wir geniessen den Anblick, schiessen einige Fotos und plaudern mit einheimischen Touristen, die ebenfalls hierhergekommen und vom Anblick überwältigt sind. 

Als die Sonne hinter dem Berg verschwindet, ist es auch für uns Zeit aufzubrechen. Es wird schnell kälter und ein eisiger Wind weht über die Berge. Bei unserem «Kleinen» angekommen, hoffe ich, er hat wieder gute Laune. Aber alles gute Zureden nützt nichts. Mit der Zündung bugsiere ich in auf den Weg, lass ihn rückwärts und mit der Handbremse die Krete herunter rollen bis er waagrecht steht. Benzin pumpend lasse ich den Anlasser laufen und nach mehrmaligem Versuch, bringt er den heiss begehrten Saft endlich bis zum Vergaser. Er läuft wieder. Wir holpern ins Tal zurück und lassen ihn vor dem Hostel «La Puerta Verde» übernachten, während wir zuerst Duschen, anschliessend die Abendmusik und einen feinen Drink geniessen.



Sonntag, 9. Juli 2017

KW 24/17 - Bolivien Südwest

Sucre
Da am Sonntag alle Museen geschlossen waren, besuchen wir das «Museo de Arte Textil Cetur» (Textilmuseum) halt heute. Der Empfang ist sehr freundlich, der Preis fürs Fotografieren wurde uns erlassen und im Eintrittspreis ist ein indigener Guide inklusive. Zurzeit werden Trachten und Werke der «Pujllay» und «Ayarichi» ausgestellt. Eine Erweiterung um drei zusätzliche Volksgruppen ist in Arbeit.
Bei den Trachten sind Schwarz und Rot die dominierenden Farben. Die Kopfbedeckung für
verheiratete und unverheiratete Frauen ist vorgegeben und unterscheidet sich voneinander. Dies findet sich über verschiedene Volksgruppen in ganz Südamerika verteilt. Ganz typisch ist der lederne Hut der Männer, der den Helmen der spanischen Konquistadoren nachempfunden wurde.
Erstaunlich ist, dass bei der einen Volksgruppe die Frauen nur die Farben Schwarz und Rot verweben, während die Herren die mehrfarbigen Decken und Teppiche herstellen. Bei den Webarbeiten ist ein sehr beliebtes und immer wiederkehrendes Motiv der ganze Lebenszyklus, von der Wiege bis zur Bahre. Diese Arbeiten werden von Hand, ohne Vorlage, fortlaufend aus dem Gedächtnis heraus, gefertigt.
Die traditionellen Musikinstrumente sind diverse, aus Holz gefertigte Flöten, Panflöten, Hörner aus Tierhörnern, Trommeln, Pauken und diversen Saiteninstrumenten. Bei den «Pujllay» fallen uns die ganz speziellen Schuhe, sogenannte «Ujuta», besonders auf. Es sind dicke, schwere, geschnürte Holzböden mit riesigen «Espuelas» (sporrenartige Tschinellen) dran. Diese Musikschuhe wiegen rund 10-15 kg. Während der Feste tanzen sie mit diesen unbequemen Dingern tagelang und machen damit Lärm bis die Füsse bluten – verrückte Typen.

Die Ausführungen des Guides und das Video am Schluss der Führung geben einen guten Eindruck in das Leben dieser indigenen Volksgruppen. Wir sind begeistert, wie sich die Leute hier darum bemühen, diese Kultur zu bewahren und auch den interessierten zu präsentieren – super gemacht!


Sucre - Potosí
Zwischen drei und viertausend Meter über Meer, auf einer gut ausgebauten Strasse, fahren wir Richtung Süden. Unterwegs knacken wir die 50'000 km Grenze, seit wir von zu Hause aufgebrochen sind (leider kein Foto). Fahren bis «Potosí» (3976 müM), stellen unseren «Kleinen» im Hinterhof des Hostal «Tarija Camping» ab, spazieren ins Stadtzentrum und machen uns schlau über eine allfällige Minenbesichtigung. Die Auswahl fällt nicht leicht. Von 80-150 Bolivianos wird alles angeboten. Viele kritisieren wie hier abgebaut wird und empfehlen keine Minentour zu machen. Die Sicherheit ist auf jeden Fall ein Thema und wir sind uns bewusst, dass hier jeder für sich selbst zuständig ist. Mit gemischten, Gefühlen buchen wir eine Tour bei «Big Deal», dem einzigen Tour Anbieter der aus Exmineuren besteht und sich bester Kritiken erfreut. Wir sind gespannt auf den nächsten Tag.


An diesem Mittwochmorgen sind wir schon früh in der Stadt, spazieren und fotografieren noch etwas um den Hauptplatz, bevor wir um 09:45 Uhr im Büro der Exmineure auf den Beginn der Führung warten. Die Stimmung ist gelöst, die Führer stellen sich vor, sprechen mehrere Sprachen, lachen und scherzen schon am frühen Morgen – das gefällt uns.
Mit etwas Verspätung, zwei Touristinnen aus Frankreich konnten nicht zeitig hier sein, starten wir und marschieren vorerst quer durch die Stadt zum Bus, der uns zu den Minen hochfährt. Wie wir losfahren wird auch der Chauffeur vorgestellt, Musik gemacht und unterwegs lässt sich unser Guide sogar zu einem Tänzchen verleiten. Die Stimmung ist super.
Wir fahren bis zum Mineuren-Markt, wo uns Willson, unser Guide, in die Gepflogenheiten der Mineure einweiht. Hier kann man alles Wichtige für die schwere Arbeit im Berg kaufen. Angefangen von der täglichen Cocaration, dem Tabak und dem Alkohol für den Tio (Gott der Mineure), den Arbeitsgeräten, Kleider und vor allem auch dem Sprengstoff (Dynamit). Willson kennt sich aus und zeigt keine Furcht vor dem Hochexplosiven, was auch die Kinder aus Spanien, die mit ihrer Familie die Führung mitmachen, beeindruckt. Potosí ist der einzige Ort in Bolivien, wo man mit einer Dynamitstange legal durch die Strassen spazieren kann – Wahnsinn.
Wir decken uns mit Geschenken für die Mineure ein, die wir besuchen gehen. Dies hat sich über Jahre zu einem Brauch entwickelt. Mit einer Dynamitstange auf dem Rücken, Zünder, Zündschnur und Pulver zur Verstärkung der Sprengkraft, sowie einer Tagesration Cocablätter und Fruchtsaft der nach getaner Arbeit den Flüssigkeitsverlust stillen soll, machen wir uns auf den Weg.
Im Lager der Exmineuere, werden wir nach der Neusten Pariser Mode eingekleidet mit Helm, Stirnlampe, Hosen, Jacke, Stiefeln und einem robusten Sack, in dem wir die Geschenke und unsere Fotoapparate oder sonstigen Sachen verstauen können.
Zuerst besuchen wir die Erzaufbereitung. Hier trennen wir die Gruppe in eine spanisch- und englisch geführte Tour. Damit wir mehr mitbekommen wünschten wir uns eine englisch geführte Tour und so kommt es, dass wir mit Willson alleine unterwegs sind. Alle Andern haben sich für Spanisch entschieden.
Zuerst bekommen wir das Roherz zu sehen. Heute wird hier vor allem Zinn, Kupfer, Zink, Blei und Kobalt abgebaut. Silber, dass im 17 Jahrhundert für den Reichtum dieser Gegend gesorgt und die Stadt «Potosí» zum Paris von Südamerika gemacht hat, ist nur noch wenig und in unreiner Form vorhanden. Die Stadt selbst ist verarmt, die Gebäude sind vielerorts Sanierungsbedürftig und auf den Strassen stinken die Busse mit den PW’s um die Wette – schade.
Mit einer Staubmaske bewehrt gehen wir anschliessend durch die Erzaufbereitungsanlagen. Wir
werden ermahnt nichts anzufassen und entsprechende vorsichtig beim Durchqueren der Räumlichkeiten walten zu lassen. Es wird kein Hehl daraus gemacht, wie giftig und ungesund diese Arbeit ist. Unser Guide erzählt, dass die Leute hier nur etwa 45 bis 50 Jahre alt werden und sogar noch jünger sterben wie die Mineuere, die bedingt durch die harte und gefährliche Arbeit in den Stollen und dem Staub beim Abbau, ein ebenso limitiertes Leben vor sich haben. Hier werden die ersten Geschenke (Cocablätter und Fruchtsaft) an die Arbeiter, die gerade Pause machen, abgegeben. Weiter geht es mit dem Bus de«Cerro Rico» (Berg) hoch, bis vor einen Mineneingang. Am Türrahmen und der Aussenwand der Hütte ist getrocknetes Lama Blut zu sehen. Die Mineuere opfern manchmal viele Lamas, bitten um Schutz und Glück für eine bessere Ausbeute (kostspielige Angelegenheit). Jeden Tag arbeiten rund 5000 Mineure aus rund 38 Cooperativas im Berg. In der Nacht sind es noch deren 1000 Personen. Auch rund 500 Kinder werden im Berg beschäftigt – unvorstellbar.
Nach dieser Einleitung geht es in den Berg hinein. Schon am Eingang müssen wir uns bücken, damit wir den niederen Minengang passieren können ohne den Kopf zu stossen. Unterwegs springen wir vor einem Arbeiter mit einer Schubkarre zur Seite. Er macht denselben Weg wie wir, bringt das Erz fast im Viertelstundentakt nach draussen und dies rund 15 Stunden lang – irre!
Alle hier haben Backen wie die Hamster und kauen fortlaufend Cocablätter. Anders wäre diese Arbeit nicht zu bewältigen. Uhren kennen sie keine, dafür haben sie das Coca. Zuerst nimmt man die Cocablätter ohne die Blattstiele in
den Mund. Kaut sie etwa 15 Minuten und beisst dann den Katalysator (Maispaste) ab. Damit aktiviert man die Substanzen im Coca, so dass man länger und härter arbeiten kann. Nach rund vier Stunden lässt die Wirkung nach und es ist Zeit für eine Pause. Nachher geht das Ganze von vorne los.
Wir sind inzwischen weiter in den Berg vorgedrungen und müssen vor einem Schutthaufen halten. Offensichtlich ist hier die Decke eingebrochen und die Arbeiter sind gerade am Aufräumen. Sie brechen loses Gestein heraus, was nicht ungefährlich ist und müssen sich immer wieder vor nachrutschenden Steinen in acht nehmen. Willson spricht mit ihnen, zuerst glauben wir, er will diese Stelle passieren, lässt es dann jedoch bleiben und kehrt um. Wir durchqueren andere Stollen, sehen wie das Eisenerz mit Hand-Winden aus den Schächten hochgezogen wird. Auf Schubkarren umgefüllt und zu Fuss zum Ausgang bugsiert wird. Den einen schenken wir Cocablätter, den Andern Fruchtsaft. Willson führt uns weiter zum Tio, dem Gott der Mineuere. Es gibt zwei Stellen mit einem Tio in diesem Teil der Minen. Jeden ersten Freitag im Monat kommen die Mineure hierher und bitten Tio um eine ausgiebige Ader um Familienglück und dergleichen. Sie schütten 96% Alkohol auf die Erde als Gabe für Pachamama (die Mutter Erde) und spritzen denselben auch als Gabe auf Tio bevor sie selber einen Schluck nehmen. Willson fragt uns nach unseren Kindern. Als wir sagen wir haben drei (zu wenige), meint er wir seien arme Leute und bittet Tio um weitere Kinder für uns verspritzt den reinen Alkohol und lässt die Flasche am Schluss kreisen – Prost!

Während der ganzen Zeremonie hören wir immer wieder Klopfgeräusche. Willson ruft aber niemand antwortet, es ist ihm offensichtlich nicht ganz wohl. Man hört auch immer wieder Sprengungen die durch den Berg hallen, weshalb eine gewisse Vorsicht angezeigt ist.
Wir erfahren viel vom harten Leben unter Tag, von den Sitten und Gebräuchen der Mineure und ihrer Cooperativas. Ein Mineur verdient wesentlich mehr als die Leute in der Stadt, kann jedoch auch jederzeit wegen ungebührlichem Verhalten aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.
Willson fragt ob wir uns einen etwas abenteuerlicheren Weg nach draussen suchen sollen. Wir bejahen und er führt uns durch enge Gänge, wir lassen uns durch schmale Schächte nach unten gleiten, kraxeln über Leitern bis wir wieder am Ausgang sind. Der Berg ist wahrlich ein von Löchern nach allen Seiten durchzogener Emmentaler Käse. Die Frage ist berechtigt wie lange er noch standhalten wird und ob wie von einigen befürchtet, eines Tages der grosse Kollaps kommt und tausende unter sich begräbt.
Draussen treffen wir wieder auf die Anderen, die frühzeitig aus der Mine herausgegangen sind. Für solche Fälle hatten unsere Guides eine dritte Person mitgenommen, so dass jeder nach seinem Gusto soweit gehen konnte wie er ertragen kann. Wir verschenken die letzten Präsente und gemeinsam fahren wir zurück zur Stadt, kleiden uns um und gehen anschliessend wieder getrennte Wege.

Zuerst besuchen wir die alte Münzprägerei im Stadtzentrum und machen eine Führung durch das Historische und gut erhaltenen Gebäude. Die Münzprägeanlagen sind in einem erstaunlich guten Zustand erhalten geblieben und werden auf eindrückliche Weise präsentiert. Leider ist das Fotografieren nur draussen und nicht drinnen in den Räumlichkeiten gestattet.



Morgen ist die Feier «Corpus Christi» angesagt. Zu diesem Anlass werden hier drei verschiedene Gebäcke hergestellt und nur zu dieser Zeit verkauft. Wir fragen uns durch, wo der Markt mit den speziellen Gebäcken stattfindet. Dort angekommen ist das Treiben schon voll im Gang. Beidseitig der Strasse wird dieselbe Ware angeboten. Auf der Strasse drängen, schubsen, stossen die Menschen massenweise vorwärts. Alte wie junge sind zugegen. Touristen wie einheimische versuchen die begehrten Gebäcke, teilweise gleich Sackweise zu ergattern. Wir sind mittendrin und machen mit. Ergattern mal da ein Müsterchen des Gebäcks, mal dort eine ganze Tüte. Die Dinger sind staubig, trocken, zerbröseln wie verrückt oder kleben überall. Ich frage mich wie kann man sich das antun, das grenzt schon fast an Selbstkasteiung. Aber offensichtlich machen alle mit, vielleicht weil es nur einmal im Jahr vorkommt!?

Wir bleiben noch im Stadtzentrum, da eine Aufführung zum Festtag «Corpus Christi» angesagt ist. Dieselbe sollte um sieben Uhr in einer Gasse neben dem Hauptplatz stattfinden. Als wir ankommen steht ein Tischchen da, und zwei drei Leute hantieren an technischen Geräten herum. Bei uns in der Schweiz hätten alle schon eine Krise vor lauter Stress. Hier ist Zeit relativ. Es herrscht keine sonderliche Hektik, auch treffen immer mehr Leute ein, es wird fürs Publikum eine Stuhlung aufgebaut und auch die ersten, in spanische und indigene Trachten gekleideten Laienschauspieler treffen ein. Mit etwa einstündiger Verspätung startet die Aufführung. Der Sprecher begrüsst die Politprominenz, die Vertreter der verschiedenen Intressegruppen und die übrigen Gäste. Erläutert die gespielten Szenen, das flanieren des spanischen Adels während der Blütezeit der Stadt. Die
Bediensteten, die im Namen derselben Geschenke, das heisst die speziellen Gebäcke zur Feier «Corpus Christi» an die befreundeten Adeligen überbringen. Und die Szene wie sie dieselben als Opfergabe darbringen. Parallel dazu wurde den Gästen heisse Schokolade und ebenfalls die speziellen Gebäcke gereicht.
Weiter geht es mit historischen Tanzaufführungen der Adeligen, der indigenen und eines modernen, traditionellen Tanzes durch Girls mit modernen Trachten. Die Atmosphäre in der Gasse ist gut, es passt herrlich ins Stadtbild und wurde lebendig präsentiert. Dementsprechend viele Leute waren anwesend. Leider ist die Nacht sehr kalt und auf Grund des späten Beginns frieren alle ganz gehörig. Als die Veranstalter dann noch umbauen, Leinwand über den Stühlen des Publikums und Stühle auf die andere Seite rücken, nutzen viele Gäste die Gelegenheit um sich zu verdrücken, wir auch. Es ist jetzt definitiv zu kalt und zu langatmig geworden – schade.

Ein ereignisreicher und beeindruckender Tag hat ein gutes Ende gefunden. Müde und glücklich kehren wir wieder zu unserem «Kleinen» zurück. Die Eindrücke des heutigen Tages werden uns noch lange beschäftigen – trotzdem, gute Nacht!


Potosí – Estancia Churata
Lange waren wir uns nicht schlüssig, ob wir noch zur Prozession «Corpus Christi» gehen sollen. Gemäss Aussage der Lokalen, findet dieselbe um elf Uhr statt. Da wir für die Rückverschiffung noch einiges klären müssen, gehen wir in die Stadt, suchen uns eine Beiz mit Internet Anschluss und erledigen das. Rund um den Hauptplatz sind die Schulkinder daran diverse Sägemehlbilder zu gestalten. Alle sind pikfein herausgeputzt, teilweise Boys wie Mädels mit Krawatte. Die Musikgruppe der Armee und der Mädchenschule stehen schon lange bereit, während in allen vier Ecken des Platzes ein Altar aufgebaut wird. Auch heute ist die Zeit relativ und mit viel Verzug startet die Prozession. Sie marschieren über die von den Schulen erstellten Bilder, halten in
jeder Ecke vor dem Altar an und nach der erfolgten Rede marschiert der ganze Tross wieder weiter. Dies ist definitiv nicht unsere Welt. Aber es ist interessant zu sehen, wie sich Tradition und Moderne vermischen. Dass die Jungs und Mädels während der Prozession am Handy hängen versteht sich ja noch, aber dass der ältere Pfarrer oder ältere Männlein und Weiblein keinen Deut besser daherkommt, zeigt doch, dass sich die Traditionen weiterentwickeln. Ob zum Guten oder Schlechten, lassen wir mal bei Seite.

Trotz der späten Stunde, beschliessen wir aufzubrechen und fahren weiter durch die Berge Richtung «Uyuni». Bei schönster Abendstimmung biegen wir zur «Estancia Churata», einem kleinen Kletterparadies ab, wo wir übernachten wollen.
Wir fahren auf den Platz vor den paar Häusern und werden von zwei Jungs neugierig beobachtet. Ich gehe auf sie zu und frage, ob wir hier übernachten können. Sie meinen es sei kein Problem.
Auf der Wiese, wo sich hunderte Lamas tummeln, macht eine Familie Picknick. Wir gehen davon aus, dass dieselben zu den Jungs gehören und hier wohnen. Falsch gedacht, wie sich später herausstellt. Die beiden schlanken Jungs sind alleine hier und hüten rund 300 Lamas. Deren Familien wohnen in einem weit entfernten
Dorf und einmal in der Woche werden sie mit Lebensmitteln versorgt. Sie sind im Gegensatz zu den gut genährten, wohlbehütet, geschniegelt und umsorgten Schülern in Potosí, auf sich selbst gestellt. Wenn sie nicht selber kochen, bleiben sie hungrig.
Auf meinem Handy zeige ich ihnen ein paar Fotos der Schweiz und auch ein paar Tierbilder. Sie saugen alles in sich auf, sind neugierig, fragen und wollen vor allem wissen wieviel das oder jenes kostet (dies ist hier überall sehr verbreitet). Sie fragen ob wir länger bleiben oder Morgen schon abfahren. Wie ich ihnen mitteile, dass wir morgen schon fahren, sind sie ein wenig enttäuscht.
Inzwischen tauchen von überall her weitere Lamas auf. Ich frage sie ob die Lamas alle selber nach Hause kommen und sie meinen ja. Tatsächlich trotten praktisch alle Lamas von selbst in die von Steinmauern umgebenen Ruheplätze hinter den Häusern – interessant. Die Jungs schnappen sich die Fahrräder und gehen noch ein paar Langweiler rein treiben. Inzwischen ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden und es wird immer kälter. Ruhe senkt sich über das schöne und friedliche Tal, alle ziehen sich zum Essen zurück und gehen beizeiten schlafen.


Estancia Churata - Uyuni
Früh morgens um sechs stehe ich auf, schaue aus dem WOMO und siehe da, alle Bäche die gestern Nachmittag in der Sonne hier durchgeflossen sind, sind heut Morgen gefroren. Eine weitere Überraschung sind die Lamapferche. Kein einziges Tier ist mehr hier und auch im Umkreis des ganzen Tales zu sehen. Wo sind sie alle hin?
Wir packen unsere Fotoausrüstung, eine Wasserflasche, das Fernglas und machen uns zur Wandertour durch die bizarre Felslandschaft auf. Steigen die Klippen hoch, geniessen den Sonnenaufgang über dem Sackcanon und das Fotografieren bei diesem warmen Licht. Licht und Schatten sind jedoch eine gewaltige Herausforderung und nicht immer einfach zu bewältigen. Während wir über die Krete, um den halben Canon wandern, sehen wir kein einziges Lama im ganzen Umkreis, es ist wie verhext. Auch die Jungs sind nicht mehr aufgetaucht. So fotografieren wir
 die Stein- und Sandwüste, dazwischen die schön beleuchteten Kakteen und weit unten im Tal unseren «Kleinen». Am Ende der Schlucht, steigen wir über eine Sanddüne und anschliessend über Stock und Stein zum Talboden hinunter. Ausser ein paar Vögeln haben wir keine Tiere zu Gesicht bekommen.
Durchgefroren und hungrig, bereiten wir unser Frühstück zu. Geniessen es im warmen WOMO zu sitzen und heissen Kaffee zu trinken. Dann den Abwasch besorgen und weiter geht die Reise.
Leider haben wir die Jungs nicht mehr gesehen. Wir hätten von ihnen gerne Abschied genommen.
Wir fahren zurück auf die Hauptstrasse und als unser «Kleiner» sich den nächsten Hügel hoch kämpft, sehen wir weit hinten in einem anderen Tal die Lamas grasen. Vermutlich sind auch die Jungs bei ihnen, aber diesen Abstecher machen wir nicht, zumal auch keine Zufahrt ersichtlich ist.

Unterwegs passieren wir wunderbar farbige Berge,
Kakteenbewachsene Hügel und Täler. Der Abschnitt durch das «Valle de Cactus» mit seinem Aquädukt ist besonders schön. Hier schiessen wir noch ein paar Fotos mit unserem «Kleinen», als Nachtrag zu unserer 50'000 km Grenzüberschreitung.
Vor «Uyuni» haben wir die Gelegenheit ein paar Chileflamingos in der Abendsonne abzulichten - wunderschöne Vögel. In Südamerika leben drei Flamingoarten, der Anden-, James- und der Chileflamingo, wobei letzterer am häufigsten anzutreffen ist.
Am Eingang zur Stadt heisst es dann erst mal tanken. Seit meiner Panzerfahrerkariere habe ich nicht mehr so viele Benzinkanister geschleppt wie hier. Aber der Aufwand lohnt sich. So tanken wir zum einheimischen Preis und an dieser Tankstelle konnte ich sogar 80 Liter (zweimal Kanister füllen) tanken ohne Probleme. Jetzt sind wir wieder voll bestückt und für weite Fahrten gerüstet.
Wir durchqueren die Staubige und nicht sehr attraktive Stadt auf der Suche
nach einer Bleibe. Beide Hostals die wir ausgespäht haben sind Nieten. Vor der Kaserne wollen wir momentan nicht stehen, zu viel Stadt und so beschliessen wir hinaus zu fahren zum «Cementerio de Trenes» (Zugfriedhof). Die Strasse ist staubig aber die Kulisse im Abendlicht ist einmalig. Hier bleiben wir. Im Hintergrund der Sonnenuntergang über dem Salar und im Vordergrund die Überbleibsel aus längst vergangenen Eisenbahnzeiten – eine wunderbare Kulisse. Mit fortschreitender Dunkelheit tritt ein unglaublicher Sternenhimmel hervor, der in der eisigen Nachtluft besonders schön leuchtet. Halb durchgefroren, mit klammen Fingern betätige ich den Auslöser, man wird fast süchtig und schiesst ein Bild am andern. Aufhören kostet viel Überwindung, aber irgendwann krieche ich dann doch ins geheizte WOMO und in den warmen Schlafsack.



Schon wieder Wochenende. Es ist viel los in der Stadt. Wir machen Besorgungen und informieren uns über eine Tour über den grössten Salzsee der Erde. Die Südroute mit den Lagunen wird zurzeit nicht angefahren. Mehrere Tage haben Schneestürme gewütet. Es herrschen eisige Temperaturen und über einen Meter Schnee. Die Touranbieter fahren momentan nicht dorthin und von mehreren Overlandern haben wir gehört, dass sie evakuiert und herausgeschleppt werden mussten. Unserem
Kleinen wollen wir die Salzwüste nicht antun und so buchen wir einen Tagestripp bei «Andes Salt Tour». Wie wir aus dem Büro treten, begegnen wir Thomas und Lea.

Sie sind gerade von einer Dreitagestour zurückgekehrt und haben unser Thurgauer Schild bemerkt. Innert Kürze entwickelt sich ein angeregtes Gespräch, dass wir bei einem Bierchen im Sonnenbeschienenen Gartenrestaurant fortsetzten. Thomas ist seit zwei Jahren per Autostopp unterwegs und Lea ist später dazu gekommen. Thomas schreibt wöchentliche Reports für die Aargauer-, Soloturnerzeitung und im Internet für watson.ch. So finanziert er sich einen Teil der Reise. Leider geht der gemütliche Nachmittag viel zu schnell vorbei und unsere Wege trennen sich wieder. Sie gehen zurück zu ihrem Hostal und wir wieder in die Wüste zum «Cementerio de Trenes».


Am Sonntagmorgen früh, stehen wir vor dem Büro der «Andes Salt Tour» bereit. Ausgerüstet mit Wasser, Sonnenschutz (Hut, Sonnenbrille, Sonnencreme) und ein paar Utensilien zum Fotografieren. Wir haben viele Räubergeschichten über die Fahrer der Touranbieter gehört. Unser Fahrer scheint jedoch ein sehr seriöser Typ zu sein. Er fährt zügig aber besonnen, legt die Beatles CD ein und in guter Stimmung fahren wir via «Colchani» einem Dörfchen in dem die Häuser aus Salzziegeln gebaut sind, auf den Salzsee hinaus. Kurz nach der Einfahrt halten wir vor einem «Ojo» (Auge). Dies sind
Wasserlöcher, an denen das Grundwasser an die Oberfläche sprudelt wie bei einer Quelle. Der Salzsee selber ist rund 140m dick oder tief, wie man’s nimmt. Heikel ist vor allem die Randzone, da die Salzschicht durchbrochen und mit Wasser gefüllt ist. Es besteht wie beim Eis die Gefahr einzubrechen. Solange der Salzsee wie jetzt trocken ist, sind solche stellen gut sichtbar. Kritisch wird es dann, wenn auf dem Salzsee Wasser lieg, dann können die kritischen Stellen kaum ausgemacht werden. Aber dann kann man auch tolle Bilder schiessen, wie wir gesehen haben.
Wir fahren mehrere Kilometer über die grelle und unendlich weite Fläche bis zum Dorf am Fusse des Vulkans «Tunupa». Hier machen wir Rast bevor wir ein Stück den Hügel hochfahren, die
Aussicht geniessen und Anschliessend die Grabhöhlen der Ureinwohner, der «Chullpa’s», besuchen. Dieses Volk glaubte an die Wiedergeburt und hat deshalb alle in der Fötenstellung und mit genügend Beigaben für die erste Zeit nach der Wiedergeburt, bestattet. Die Höhenlage und die Salzhaltige Atmosphäre haben die Toten mumifiziert und sie sind über rund 800 Jahre erstaunlich gut erhalten geblieben.  Selbst die Ornamente auf den Textilien, sind teilweise noch sichtbar. Leider wurden auch hier viele Grabstellen zerstört.

Von hier aus geht es wieder auf den Salar hinaus. Wir fahren bis zur «Isla Incahuasi», dem Herz des Salars und einem Touristenmagnet.
Hier wachsen rund 6000 Kakteen die teilweise schon uralt sind.











Auf diesem Felsen feiern die «Aymara» am 21. Juni ihr Neujahr. Es soll heftig gefeiert werden und natürlich werden auch genügend Touristen zu gegen sein.
Von hier aus geht es wieder zurück, mit Zwischenstopp für ein paar tolle Fotos.

Bei der Besichtigung des Salzhotels und der Salzstatue treffen wir wieder auf den VW-Bulli, den wir schon auf dem Salar gesehen haben. Wir sprechen die Leute an und zeigen Bilder unseres «Kleinen». Sie sind sofort begeistert. Es ist eine fünfköpfige Rumänische Familie, mit Golden Retriver und schwarzer Katze, die den Bus in Lima gekauft hat und seit rund zwei Jahren umherreist – Sachen gibt’s. Wir schiessen noch ein Foto und verabschieden uns mit den besten Reisewünschen.


Wie wir wieder in Uyuni zurück sind, ist es bereits dunkel. Unser «Kleiner» steht noch unversehrt vor dem Büro des Touranbieters, so dass wir gleich einsteigen und diesmal nur bis zum Platz vor der Kaserne fahren müssen. Hier werden wir heute übernachten. Es parken bereits vier Wohnmobile hier. Zwei Belgier, ein Franzose und Deutsches Paar mit einem Camper aus Chile.
Die deutschen kommen mit ihrem Hund gerade vom Spaziergang zurück, sehen unser WOMO und sprechen uns an. Es sind Roman, Nicole und die französische Bulldogge Abby. Wie es kalt wird, sitzen wir in unserem geheizten Raumwunder zusammen und trinken noch einen Schlumi.
Nicole sieht die Sternenbilder und will unbedingt noch Nachtaufnahmen machen, aber ihre Kamera lässt dies nicht zu. Roman und ich schauen uns das Ding genauer an, irgendwie sollte dies doch möglich sein. Wir finden tatsächlich eine neue Einstellung, die neue Möglichkeiten eröffnet. Vorerst bleiben wir hier, aber mal sehen wie es weitergeht.