Ninilchik – Whittier (Alaska)
Das Frühstück ist bereit und da ruft jemand hinter meinem
Rücken: «Was macht dänn dä Thurgauer da?» Ein PW steht auf dem Platz. Fritz und
Uschy aus dem Entlebuch, steigen aus.
Sie waren elf Jahre auf diesen Strassen, mit
ihrem Fahrenden Hotel und Touristen unterwegs. Sind wieder in die Schweiz zurückgekehrt
machen jetzt einen Erinnerungsausflug mit dem PW. Sie setzen sich zu uns und
während wir frühstücken tauschen wir alte und neue Erfahrungen aus. Es ist
interessant zu hören, wie es früher auf diesen Strassen zu und herging und was
es noch zu sehen gäbe.
Anschliessend fahren wir nach Whittier. Man erreicht diesen
Ort nur via einem einspurigen, kombinierten, Auto-Bahntunnel. Das heisst zu
jeder vollen Stunde kann man raus und zu jeder halben Stunde, reinfahren,
vorausgesetzt die Bahn fährt nicht. Sonst kann man eine Stunde vor dem Tunnel
warten.
Whittier ist der Ort, der in einem Hochhaus Platz findet.
Die Wohnungen und alle notwendigen Geschäfte sind in diesem Haus, auf den
diversen Etagen untergebracht. Man kann deshalb das ganze Jahr dort wohnen ohne
einmal das Haus verlassen zu müssen.
Wir übernachten auf dem einzigen Campground, hinter dem
frisch renovierten Hochhaus. Leider ist derselbe ein wenig verwahrlost –
schade!
Anschliessend bummeln wir durch den Hafen, geniessen Kaffee
und die Aussicht. Alles ist hier auf die Ankunft von grossen Kreuzfahrtschiffen
ausgerichtet. Bootstouren haben wir gemacht und so gehen wir unverrichteter
Dinge schlafen.
Whittier –
Anchorage – Long Lake (Alaska)
Da Whittier nichts weiter zu bieten hat, ziehen wir am
andern Morgen wieder Richtung Anchorage davon. Wir fahren nochmals spontan, bei
Brian und Anna vorbei. Sie sind nicht zu Hause und da weder sie noch wir
ständig online sind, senden wir ein Whatsapp und hoffen sie kommen bald zurück.
Inzwischen gehen wir in den nächsten McDonalds und bloggen bzw. rufen die Mails
etc. ab. Nachdem alles erledigt ist fahren wir nochmals bei ihnen vorbei.
Leider sind sie noch nicht zu Hause und so ziehen wir weiter. Dies ist halt das
Schicksal der Reisenden, manchmal klappt’s und manchmal nicht.
Neben Anchorage finden wir keinen geeigneten Campground und
so fahren wir eine längere Strecke auf dem "Glenn Highway" bis wir beim Long Lake
einen geeigneten Platz (wild), direkt am See, finden.
Long Lake – Valdez (Alaska)
Wir fahren den Glenn Highway, entlang von bunten, durch
Vulkane gestaltete Bergketten, tiefen Schluchten und Flüssen.
Später
passieren wir die Wrangler Mountains, fahren über den Thomson Pass und dann
hinunter nach Valdez. Hoch geht es immer Stufen weise, was unser «Kleiner» gut
bewältigt. Hinunter geht es in einem Riemen, konstant und steil. Mir graust es
schon vor der Rückfahrt. Kleiner Gang, wenn’s hoch kommt mit 20km/h bergauf und
immer schauen, dass der gekapselte Mittelmotor nicht überhitzt. Dies ist einer
der grossen Nachteile dieser Motoranordnung. Die Belüftung bzw. Kühlung ist
schlecht und er wird gerne heiss. Lassen wir es auf uns zukommen.
In Valdez angekommen schauen wir zuerst bei den Fährbetrieben
vorbei. Leider gibt es keine geeignete Verbindung südwärts. Das heisst wir
treten den Rückweg wieder auf Reifen an. Wenigstens die Campground’s sind
soweit sauber und gut organisiert und so übernachten wir auf dem Bay View RV
Park in der Stadt. Wenn wir morgen Lust auf Bildung haben, gehen wir noch im
Museum vorbei.
Valdez – Thomson Pass (Alaska)
Nach einem gemütlichen Frühstück, besuchen wir die beiden
Museen von Valdez. Der Ort wurde vor allem wegen dem Hafen, der das ganze Jahr
eisfrei bleibt, schon früh genutzt. So kommt es nicht von ungefähr, dass die
Alaska Pipeline hierherführt und der begehrte Treibstoff auf Schiffe verladen
wird. Uns Europäern könnte das Städtchen vor allem wegen zweier grosser
Ereignisse bekannt sein.
Die Stadt wurde am 27. März 1964, beim zweitgrössten
Erdbeben der Welt (Stärke 9.2 auf der Richterskala) und dem darauffolgenden
Tsunami, verwüstet. Das tragische daran war, dass im Hafen ein Schiff lag, bei
dem der Koch jeweils den Kindern Bananen, Orangen oder andere Früchte verteilt
hat. So waren zu dieser Zeit viele Kinder auf dem Steg, der von der See
komplett verschlungen wurde. Auch Anchorage, Seward und andere Orte wurden
beschädigt. Aber Valdez hatte mit 31 Einwohnern, die meisten Todesopfer dieses
Erdbebens zu beklagen. Gemessen an der Einwohnerzahl, war jedoch die Tragödie
im benachbarten «Chenega», einem First Nation Dorf mit 68 Einwohnern,
wesentlich schlimmer. Von den 68 Einwohnern wurden 29 Menschen durch den
Tsunami getötet und das ganze Dorf bis auf ein Haus, ins Meer gerissen.
Die diversen Filmaufnahmen, teilweise live während des
Bebens gedreht, sind sehr eindrücklich. Auch die diversen Interviews mit den
Betroffenen, teilweise Jahre danach, gehen unter die Haut.
Der Beschluss, Valdez auf festem Grund, ein paar Kilometer
neben dem alten Standort wieder aufzubauen, die noch intakten Häuser, Kirchen
etc. auf Rädern zu zügeln war einmalig und ist anschaulich dokumentiert.
Die Häuser die nicht gezügelt wurden hat man verbrannt und
überlässt den Ort wieder der Natur. Versucht quasi, Gras über das ganze wachsen
zu lassen. Neben dem Foto des ehemaligen Städtchens, finden wir den ersten und einzigen Wegweiser Richtung Schweiz, den wir auf unserer Reise bisher angetroffen haben.
Die zweite Katastrophe war die Exxon Valdez, ein Oeltanker,
der vor Valdez auf Grund gelaufen und leck geschlagen ist. Tausende Tonnen Oel
verschmutzten darauf die ganze Gegend. Dies hat weltweit einen Sturm der
Entrüstung ausgelöst. Valdez wurde von Reportern und Umweltschützern
überflutet.
Auf dem Weg aus der Stadt, besuchen wir noch den Pionieer
Sanctuary (Friedhof der Pioniere) der teilweise wieder restauriert wurde und
die danebenliegende Flussmündung, wo man Seeschwalben und Seeadlern beim
Fischen zuschauen kann.
Gegen Abend nehmen wir dann den Weg zum Thomson Pass wieder
in Angriff. Es ist schönes Wetter, warm und wie erwartet, kämpft sich unser
«Kleiner» mit immer heisser werdendem Motor den Berg hoch. Um so viel als
möglich zu kühlen, machen wir alle Lüftungsklappen auf. Die inzwischen 50°C
heisse Luft aus dem Motor, bläst über meine Zehen und Gas geben ist nur noch
«auf Zehenspitzen» möglich. Das Kühlerwasser zeigt inzwischen 98°C an. Gott sei
Dank ist die Kuppe in Sicht. Jetzt schnell auf den Abstellplatz, etwas abkühlen
lassen und weiter geht’s. Die nächsten Steigungen sind nicht mehr so steil, die
geradeaus- oder teilweise kürzeren Abfahrten und die kühlere Höhenluft, bringen
das Kühlerwasser wieder auf 70-80°C runter. Wir überwinden noch den Thomson
Pass und halten
unmittelbar danach neben einem kleinen Bergsee, auf einem grossen Parkplatz.
Ein grösseres Wohnmobil steht auch schon hier, Ladeklappe offen, Fenster offen,
niemand zu sehen?!
Wir machen Nachtessen und geniessen die Aussicht, da bewegt
sich doch noch was bei den Nachbarn. Der gute Mann packt alles zusammen und
macht sich (um Zehn Uhr abend’s) reisefertig. Anschliessend geht er suchend
über den ganzen Platz.
Ich gehe raus und frage ihn, ob er was verloren hat und wir
helfen können. Er verneint und teilt uns mit, dass der ganze Platz voller Nägel
und Schrauben sei, weil ein paar Idioten Paletten verbrannt haben. Er stehe
jetzt schon zwei Nächte hier, es sei sehr schön und unten am See könne man gut
fischen – super! Und die Nägel liegen immer noch auf dem Platz.
Nach dem er
alles abgeschritten hat, kurvt er langsam durch die Nägel nach hinten, zieht
wieder vor läuft zweimal uns WOMO und prüft die Räder, zieht nochmals vor, prüft
nochmals und fährt ab – auch eine Lösung. Die Übung hat über eine halbe Stunde
gedauert.
Ich drehe noch eine Runde zum See und im Rückweg sammle ich
innert fünfzehn Minuten einen Sack voll Nägel ein, die letzten zwei vor unserem
Vorderrad. Das Schutzengelchen, dass wir von meiner Mutter erhalten haben und
dass über unseren Sitzen hängt, hat gestern wieder harte Arbeit geleistet,
sind
wir doch zweimal um den Platz gekurvt, bis das WOMO waagrecht stand.
Thomson
Pass – Tailor Highway (Alaska)
Unterwegs machen wir den «Elchtest» wir halten rechts an, ziehen die Handbremse
an und – packen die Wurst aus. Nach langem Suchen haben wir endlich geräuchte
Elch-, Bison und Rentierwurst gefunden. Jetzt wird probiert und verglichen. Die
Bisonwurst schneidet am besten ab, sie ist fein in der Konsistenz und am
würzigsten Elch landet auf dem zweiten und Rentier auf dem dritten Platz, sie
ist gröber in der Konsistenz als die anderen. Allesamt sind gut und zur
passenden Beilage schmeckt jede am besten.
Wir beschliessen doch noch den «Top of the World Highway» zu
fahren. Die lange Gravelroad (Kiesstrasse) hat uns vorher davon abgehalten.
Aber nachdem wir viele Kilometer über Baustellen geholpert sind
und viele Reisende uns erzählt haben, dass zu Beginn der Saison die
Strassenverhältnisse noch passabel sind, können wir auch diese Route fahren.
Wir passieren deshalb Tok, Tetlin und fahren auf dem «Tailor Highway» Richtung
Chicken. Wir übernachten neben der Strasse im Wald (wild). Dies werden wir auf
dem Rückweg auf jeden Fall vermehrt tun. Es ist ruhiger und die Chance
Wildtiere ums Auto zu sehen sind höher.
20160618
Tailor Highway – Chicken (Alaska)
Je näher wir Chicken kommen, desto schlechter die Strassen.
Ich muss wieder auf Schlaglöcher, Bodenwellen und abgesackte Strassenpartien
achten. Trotzdem geniessen wir die Fahrt über den Höhenweg und die Aussicht auf
ein weites Land. In Chicken angekommen gib es nur noch Rooster (Hähne) und Hehn
(Hennen) an allen Ecken.
Dies war und ist immer noch ein Goldgräber Ort. Viele
Touristen waschen auf dem Platz oder in der Umgebung Gold. Viele kommen fast
jedes Jahr für ein paar Wochen her und sind ganz angefressen, haben mit Gleichgesinnten
ihr eigenes Goldgräberlager. Andere Wohnen hier und betreiben offiziell
Goldminen. Es ist verrückt wie zerfurcht der ganze Boden ist. Die Spuren der
Goldgräber Dredge, die sich durch den Boden gegraben hat und jetzt zu
besichtigen ist, sind nach Jahrhunderten immer noch gut sichtbar.
Gold haben wir in Finnland und in der Schweiz gewaschen,
deshalb gehen wir an den Fluss oder plaudern ein wenig mit den Bikern, die vom
jährlichen Bikertreff in Dawson City zurückgefahren sind. Das Treffen heisst
«Dust to Dawson» und findet jedes Jahr zur gleichen Zeit statt. Die Fahrt
dorthin ist immer eine Herausforderung. Entweder staubig, schlammig, teilweise ist
die Fahrbahn mit Schnee bedeckte und mit gemeinen Spurrillen gespickt. Die
Ränder sind teilweise weicher Kies und können einbrechen, so dass man im
Strassengraben landet. Die Geschwindigkeit auf der ganzen Strecke von 125km
beträgt selten mehr als 50km/h – tolle Aussichten.
Chicken – Dawson City (Alaska)
Wie erwartet ist das Wetter super. Erfahrungsgemäss haben
wir unsere Betten mit Plastik abgedeckt und das Heck soweit als möglich
zugeklebt um die Verstaubung in Grenzen zu halten. Die Fahrt auf dem «Top oft
he World Highway» ist fantastisch.
Es ist eine Höhenroute mit toller Aussicht. Nach "Chicken" sind die Strassenverhältnisse ziemlich grauslig. Kurz vor dem Zoll
ist die Strasse nagelneu, geteert und 1A. Leider beginnt hinter dem Zoll die
Gravelpiste von neuem. Die Fahrt ist deshalb anstrengend und erfordert volle
Konzentration.
Vor Dawson City fliesst der «Klondike River» durch. Hier heisst
es dann mit einer kleinen Fähre übersetzen. Wir sind noch glücklich dran, kaum
Verkehr auf unsere Seite. Am gegenüberliegenden Ufer stauen sich die
Wohnmobile. Ein WOMO grösser als das andere, teilweise fast grösser wie die Fähre,
so dass nur ein Fahrzeug aufs mal drauf passt. Den Stau in der Hochsaison
möchte ich lieber nicht erleben.
Nachdem wir im Gold Rush Canpground in der Stadt noch einen
der letzten Plätze bekommen haben, gehen wir auf einen kleinen Stadtrundgang. Dawson
City hat einen eigenen Charm. Die Stadt wird Haus um Haus wieder im alten Stil,
instand gestellt. Die Strassen sind nicht geteert und werden links und rechts
durch hölzerne Gehsteige begrenzt, wie früher. Die Infotafeln neben den alten
Häusern, geben jeweils einen kleinen Einblick über deren Entstehung, oder
Nutzung, machen Angaben zu deren Besitzer oder der Bedeutung innerhalb der
Stadt – gut gemacht. Wie wir später auf dem Highway erfahren war die Stadt vor
ein paar Jahren noch nicht so gut im Schuss. Viele Häuser waren zugenagelt und
auch die Infrastruktur war miserabel.
Am Abend gehen wir den Geburtstag von Erika
feiern. Wir wollen ins Aurora, wo ein Schweizer wirtet. Auf dem Weg dahin,
treffen wir auf Rosmarie aus Zürich. Sie ist seit elf Monaten alleine unterwegs
und mit Ihrem Wohnmobil von Südamerika heraufgekommen. Wir nehmen sie mit und
verbringen einen gemütlichen Abend im Aurora. Das Essen ist gut und reichlich.
Die Beizen machen hier früh dicht und so sind wir die letzten Gäste die sich
auf den Weg machen. Unterwegs biegen wir noch ab zum Saloon, zwei Absacker und
zwei Bühnenshows liegen noch drin und früh Morgen’s geht’s ab in die Pfanne –
gute Nacht!