Way North

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Icefield Parkway

Sonntag, 26. Juni 2016

KW 24/16 - Alaska, Kanada Nord

Ninilchik – Whittier (Alaska)
Das Frühstück ist bereit und da ruft jemand hinter meinem Rücken: «Was macht dänn dä Thurgauer da?» Ein PW steht auf dem Platz. Fritz und Uschy aus dem Entlebuch, steigen aus.
Sie waren elf Jahre auf diesen Strassen, mit ihrem Fahrenden Hotel und Touristen unterwegs. Sind wieder in die Schweiz zurückgekehrt machen jetzt einen Erinnerungsausflug mit dem PW. Sie setzen sich zu uns und während wir frühstücken tauschen wir alte und neue Erfahrungen aus. Es ist interessant zu hören, wie es früher auf diesen Strassen zu und herging und was es noch zu sehen gäbe.
Anschliessend fahren wir nach Whittier. Man erreicht diesen Ort nur via einem einspurigen, kombinierten, Auto-Bahntunnel. Das heisst zu jeder vollen Stunde kann man raus und zu jeder halben Stunde, reinfahren, vorausgesetzt die Bahn fährt nicht. Sonst kann man eine Stunde vor dem Tunnel warten.
Whittier ist der Ort, der in einem Hochhaus Platz findet. Die Wohnungen und alle notwendigen Geschäfte sind in diesem Haus, auf den diversen Etagen untergebracht. Man kann deshalb das ganze Jahr dort wohnen ohne einmal das Haus verlassen zu müssen.
Wir übernachten auf dem einzigen Campground, hinter dem frisch renovierten Hochhaus. Leider ist derselbe ein wenig verwahrlost – schade!

Anschliessend bummeln wir durch den Hafen, geniessen Kaffee und die Aussicht. Alles ist hier auf die Ankunft von grossen Kreuzfahrtschiffen ausgerichtet. Bootstouren haben wir gemacht und so gehen wir unverrichteter Dinge schlafen.

Whittier – Anchorage – Long Lake (Alaska)
Da Whittier nichts weiter zu bieten hat, ziehen wir am andern Morgen wieder Richtung Anchorage davon. Wir fahren nochmals spontan, bei Brian und Anna vorbei. Sie sind nicht zu Hause und da weder sie noch wir ständig online sind, senden wir ein Whatsapp und hoffen sie kommen bald zurück. Inzwischen gehen wir in den nächsten McDonalds und bloggen bzw. rufen die Mails etc. ab. Nachdem alles erledigt ist fahren wir nochmals bei ihnen vorbei. Leider sind sie noch nicht zu Hause und so ziehen wir weiter. Dies ist halt das Schicksal der Reisenden, manchmal klappt’s und manchmal nicht.
Neben Anchorage finden wir keinen geeigneten Campground und so fahren wir eine längere Strecke auf dem "Glenn Highway" bis wir beim Long Lake einen geeigneten Platz (wild), direkt am See, finden.

Long Lake – Valdez (Alaska)
Wir fahren den Glenn Highway, entlang von bunten, durch Vulkane gestaltete Bergketten, tiefen Schluchten und Flüssen. 





Später passieren wir die Wrangler Mountains, fahren über den Thomson Pass und dann hinunter nach Valdez. Hoch geht es immer Stufen weise, was unser «Kleiner» gut bewältigt. Hinunter geht es in einem Riemen, konstant und steil. Mir graust es schon vor der Rückfahrt. Kleiner Gang, wenn’s hoch kommt mit 20km/h bergauf und immer schauen, dass der gekapselte Mittelmotor nicht überhitzt. Dies ist einer der grossen Nachteile dieser Motoranordnung. Die Belüftung bzw. Kühlung ist schlecht und er wird gerne heiss. Lassen wir es auf uns zukommen. 

In Valdez angekommen schauen wir zuerst bei den Fährbetrieben vorbei. Leider gibt es keine geeignete Verbindung südwärts. Das heisst wir treten den Rückweg wieder auf Reifen an. Wenigstens die Campground’s sind soweit sauber und gut organisiert und so übernachten wir auf dem Bay View RV Park in der Stadt. Wenn wir morgen Lust auf Bildung haben, gehen wir noch im Museum vorbei.

Valdez – Thomson Pass (Alaska)
Nach einem gemütlichen Frühstück, besuchen wir die beiden Museen von Valdez. Der Ort wurde vor allem wegen dem Hafen, der das ganze Jahr eisfrei bleibt, schon früh genutzt. So kommt es nicht von ungefähr, dass die Alaska Pipeline hierherführt und der begehrte Treibstoff auf Schiffe verladen wird. Uns Europäern könnte das Städtchen vor allem wegen zweier grosser Ereignisse bekannt sein.
Die Stadt wurde am 27. März 1964, beim zweitgrössten Erdbeben der Welt (Stärke 9.2 auf der Richterskala) und dem darauffolgenden Tsunami, verwüstet. Das tragische daran war, dass im Hafen ein Schiff lag, bei dem der Koch jeweils den Kindern Bananen, Orangen oder andere Früchte verteilt hat. So waren zu dieser Zeit viele Kinder auf dem Steg, der von der See komplett verschlungen wurde. Auch Anchorage, Seward und andere Orte wurden beschädigt. Aber Valdez hatte mit 31 Einwohnern, die meisten Todesopfer dieses Erdbebens zu beklagen. Gemessen an der Einwohnerzahl, war jedoch die Tragödie im benachbarten «Chenega», einem First Nation Dorf mit 68 Einwohnern, wesentlich schlimmer. Von den 68 Einwohnern wurden 29 Menschen durch den Tsunami getötet und das ganze Dorf bis auf ein Haus, ins Meer gerissen.
Die diversen Filmaufnahmen, teilweise live während des Bebens gedreht, sind sehr eindrücklich. Auch die diversen Interviews mit den Betroffenen, teilweise Jahre danach, gehen unter die Haut.
Der Beschluss, Valdez auf festem Grund, ein paar Kilometer neben dem alten Standort wieder aufzubauen, die noch intakten Häuser, Kirchen etc. auf Rädern zu zügeln war einmalig und ist anschaulich dokumentiert.
Die Häuser die nicht gezügelt wurden hat man verbrannt und überlässt den Ort wieder der Natur. Versucht quasi, Gras über das ganze wachsen zu lassen. Neben dem Foto des ehemaligen Städtchens, finden wir den ersten und einzigen Wegweiser Richtung Schweiz, den wir auf unserer Reise bisher angetroffen haben. 


Die zweite Katastrophe war die Exxon Valdez, ein Oeltanker, der vor Valdez auf Grund gelaufen und leck geschlagen ist. Tausende Tonnen Oel verschmutzten darauf die ganze Gegend. Dies hat weltweit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Valdez wurde von Reportern und Umweltschützern überflutet.
Auf dem Weg aus der Stadt, besuchen wir noch den Pionieer Sanctuary (Friedhof der Pioniere) der teilweise wieder restauriert wurde und die danebenliegende Flussmündung, wo man Seeschwalben und Seeadlern beim Fischen zuschauen kann.
Gegen Abend nehmen wir dann den Weg zum Thomson Pass wieder in Angriff. Es ist schönes Wetter, warm und wie erwartet, kämpft sich unser «Kleiner» mit immer heisser werdendem Motor den Berg hoch. Um so viel als möglich zu kühlen, machen wir alle Lüftungsklappen auf. Die inzwischen 50°C heisse Luft aus dem Motor, bläst über meine Zehen und Gas geben ist nur noch «auf Zehenspitzen» möglich. Das Kühlerwasser zeigt inzwischen 98°C an. Gott sei Dank ist die Kuppe in Sicht. Jetzt schnell auf den Abstellplatz, etwas abkühlen lassen und weiter geht’s. Die nächsten Steigungen sind nicht mehr so steil, die geradeaus- oder teilweise kürzeren Abfahrten und die kühlere Höhenluft, bringen das Kühlerwasser wieder auf 70-80°C runter. Wir überwinden noch den Thomson Pass und halten unmittelbar danach neben einem kleinen Bergsee, auf einem grossen Parkplatz. Ein grösseres Wohnmobil steht auch schon hier, Ladeklappe offen, Fenster offen, niemand zu sehen?!
Wir machen Nachtessen und geniessen die Aussicht, da bewegt sich doch noch was bei den Nachbarn. Der gute Mann packt alles zusammen und macht sich (um Zehn Uhr abend’s) reisefertig. Anschliessend geht er suchend über den ganzen Platz.
Ich gehe raus und frage ihn, ob er was verloren hat und wir helfen können. Er verneint und teilt uns mit, dass der ganze Platz voller Nägel und Schrauben sei, weil ein paar Idioten Paletten verbrannt haben. Er stehe jetzt schon zwei Nächte hier, es sei sehr schön und unten am See könne man gut fischen – super! Und die Nägel liegen immer noch auf dem Platz.
Nach dem er alles abgeschritten hat, kurvt er langsam durch die Nägel nach hinten, zieht wieder vor läuft zweimal uns WOMO und prüft die Räder, zieht nochmals vor, prüft nochmals und fährt ab – auch eine Lösung. Die Übung hat über eine halbe Stunde gedauert.
Ich drehe noch eine Runde zum See und im Rückweg sammle ich innert fünfzehn Minuten einen Sack voll Nägel ein, die letzten zwei vor unserem Vorderrad. Das Schutzengelchen, dass wir von meiner Mutter erhalten haben und dass über unseren Sitzen hängt, hat gestern wieder harte Arbeit geleistet,
sind wir doch zweimal um den Platz gekurvt, bis das WOMO waagrecht stand.

Thomson Pass – Tailor Highway (Alaska)
Wir sind früh losgezogen und fahren eine längere Strecke.
Unterwegs machen wir den «Elchtest» wir halten rechts an, ziehen die Handbremse an und – packen die Wurst aus. Nach langem Suchen haben wir endlich geräuchte Elch-, Bison und Rentierwurst gefunden. Jetzt wird probiert und verglichen. Die Bisonwurst schneidet am besten ab, sie ist fein in der Konsistenz und am würzigsten Elch landet auf dem zweiten und Rentier auf dem dritten Platz, sie ist gröber in der Konsistenz als die anderen. Allesamt sind gut und zur passenden Beilage schmeckt jede am besten.
Wir beschliessen doch noch den «Top of the World Highway» zu fahren. Die lange Gravelroad (Kiesstrasse) hat uns vorher davon abgehalten. Aber nachdem wir viele Kilometer über Baustellen geholpert sind
und viele Reisende uns erzählt haben, dass zu Beginn der Saison die Strassenverhältnisse noch passabel sind, können wir auch diese Route fahren. Wir passieren deshalb Tok, Tetlin und fahren auf dem «Tailor Highway» Richtung Chicken. Wir übernachten neben der Strasse im Wald (wild). Dies werden wir auf dem Rückweg auf jeden Fall vermehrt tun. Es ist ruhiger und die Chance Wildtiere ums Auto zu sehen sind höher.

20160618
Tailor Highway – Chicken (Alaska)
Je näher wir Chicken kommen, desto schlechter die Strassen. Ich muss wieder auf Schlaglöcher, Bodenwellen und abgesackte Strassenpartien achten. Trotzdem geniessen wir die Fahrt über den Höhenweg und die Aussicht auf ein weites Land. In Chicken angekommen gib es nur noch Rooster (Hähne) und Hehn (Hennen) an allen Ecken.
Dies war und ist immer noch ein Goldgräber Ort. Viele Touristen waschen auf dem Platz oder in der Umgebung Gold. Viele kommen fast jedes Jahr für ein paar Wochen her und sind ganz angefressen, haben mit Gleichgesinnten ihr eigenes Goldgräberlager. Andere Wohnen hier und betreiben offiziell Goldminen. Es ist verrückt wie zerfurcht der ganze Boden ist. Die Spuren der Goldgräber Dredge, die sich durch den Boden gegraben hat und jetzt zu besichtigen ist, sind nach Jahrhunderten immer noch gut sichtbar.
Gold haben wir in Finnland und in der Schweiz gewaschen, deshalb gehen wir an den Fluss oder plaudern ein wenig mit den Bikern, die vom jährlichen Bikertreff in Dawson City zurückgefahren sind. Das Treffen heisst «Dust to Dawson» und findet jedes Jahr zur gleichen Zeit statt. Die Fahrt dorthin ist immer eine Herausforderung. Entweder staubig, schlammig, teilweise ist die Fahrbahn mit Schnee bedeckte und mit gemeinen Spurrillen gespickt. Die Ränder sind teilweise weicher Kies und können einbrechen, so dass man im Strassengraben landet. Die Geschwindigkeit auf der ganzen Strecke von 125km beträgt selten mehr als 50km/h – tolle Aussichten.

Chicken – Dawson City (Alaska)
Wie erwartet ist das Wetter super. Erfahrungsgemäss haben wir unsere Betten mit Plastik abgedeckt und das Heck soweit als möglich zugeklebt um die Verstaubung in Grenzen zu halten. Die Fahrt auf dem «Top oft he World Highway» ist fantastisch.
 Es ist eine Höhenroute mit toller Aussicht. Nach "Chicken" sind die Strassenverhältnisse ziemlich grauslig. Kurz vor dem Zoll ist die Strasse nagelneu, geteert und 1A. Leider beginnt hinter dem Zoll die Gravelpiste von neuem. Die Fahrt ist deshalb anstrengend und erfordert volle Konzentration.
Vor Dawson City fliesst der «Klondike River» durch. Hier heisst es dann mit einer kleinen Fähre übersetzen. Wir sind noch glücklich dran, kaum Verkehr auf unsere Seite. Am gegenüberliegenden Ufer stauen sich die Wohnmobile. Ein WOMO grösser als das andere, teilweise fast grösser wie die Fähre, so dass nur ein Fahrzeug aufs mal drauf passt. Den Stau in der Hochsaison möchte ich lieber nicht erleben.
Nachdem wir im Gold Rush Canpground in der Stadt noch einen der letzten Plätze bekommen haben, gehen wir auf einen kleinen Stadtrundgang. Dawson City hat einen eigenen Charm. Die Stadt wird Haus um Haus wieder im alten Stil, instand gestellt. Die Strassen sind nicht geteert und werden links und rechts durch hölzerne Gehsteige begrenzt, wie früher. Die Infotafeln neben den alten Häusern, geben jeweils einen kleinen Einblick über deren Entstehung, oder Nutzung, machen Angaben zu deren Besitzer oder der Bedeutung innerhalb der Stadt – gut gemacht. Wie wir später auf dem Highway erfahren war die Stadt vor ein paar Jahren noch nicht so gut im Schuss. Viele Häuser waren zugenagelt und auch die Infrastruktur war miserabel.
Am Abend gehen wir den Geburtstag von Erika feiern. Wir wollen ins Aurora, wo ein Schweizer wirtet. Auf dem Weg dahin, treffen wir auf Rosmarie aus Zürich. Sie ist seit elf Monaten alleine unterwegs und mit Ihrem Wohnmobil von Südamerika heraufgekommen. Wir nehmen sie mit und verbringen einen gemütlichen Abend im Aurora. Das Essen ist gut und reichlich. Die Beizen machen hier früh dicht und so sind wir die letzten Gäste die sich auf den Weg machen. Unterwegs biegen wir noch ab zum Saloon, zwei Absacker und zwei Bühnenshows liegen noch drin und früh Morgen’s geht’s ab in die Pfanne – gute Nacht!

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