Way North

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Icefield Parkway

Donnerstag, 23. Februar 2017

KW 07/17 - Kolumbien

Desierto de la Tatacoa – Rivera

Frühzeitig brechen wir auf, die Wüste zu erkunden. Die Aussicht von oben ist vielversprechend. Wie sieht es wohl im Gewirr der unter uns liegenden Canyons aus? Wir wissen es bald. Mit genügend Wasser, Kompass und etwas zum Futtern, steigen wir hinab. Ein Weg ist nicht markiert oder ersichtlich und so folgen wir dem nächsten, trockenen Flusslauf. Spannend wie sich dieser durch den Sand und Lehm gefressen hat. Von hier unten hat man absolut keine Übersicht mehr – faszinierende Welt. Die klare Morgenluft, Licht, Schatten und die warmen Farben der Wüste in der Morgensonne, verleiten zum Fotografieren. Wir kriechen durch schmale Canyons, steigen über umgestürzte Bäume und als sich der trockene Flusslauf weitet, steigen wir auf die Dünen und setzen den Weg oben fort. Einzelne Bäume, Kakteen und lose Geröllhalden zaubern eine Märchenwelt und in der stille sind nur ab und zu Vogelgezwitscher oder die Schreie der Falken zu hören. Die Dünen und der Boden sind vielerorts mit einer trockenen, verkrusteten Lehmschicht versehen und wir wissen, vom «Theodore Roosevelt Nationalpark» in den USA, wie schmierig und gefährlich diese Lehmschicht sein kann, wenn es den einmal Regnet. Dann möchten wir nicht hier sein. Auf unserem Rückweg, liefern uns die hier lebenden Falken eine wunderbare Flugschau und wir können sie aus nächster Nähe bewundern – wunderschöne Vögel!

Wie wir zum Parkplatz zurückkehren, eine Überraschung. Neben uns hat ein Waadtländer, ebenfalls ein Overlander (Reisender), parkiert. Es ist niemand zu sehen. Wir klemmen ein «Bonjour» mit unserer Visitenkarte unter den Scheibenwischer und gehen nochmals in die Beiz. Vielleicht taucht ja jemand auf. Nada, ohne dass wir es gemerkt haben ist er inzwischen abgefahren. Wir beschliessen weiter in die Wüste hinein zu fahren und die anderen Gebiete zu erkunden. Unterwegs kommen uns die Schweizer entgegen. Wir halten an und es ergibt sich ein reges Gespräch. Sie fahren schon mehrere Jahre hier herum und kehren immer wieder in die Schweiz zurück zur Arbeit. Eben kommen sie aus dem Süden und haben neben einer Schweizer Schokolade ein paar gute Tipps für uns bereit – vielen Dank!

Während sie der Hitze der Wüste entfliehen, fahren wir weiter hinein und landen bei Saul und seinem grossen Swimmingpool, mitten in der Wüste. Ein grosser Unterstand mit Lagerraum, oben drauf zu unserer Überraschung eine Solaranlage. Ein WC Häuschen mit Duschen und Vorhängen die vom Wind laufend aufgeweht werden und ein grosser Pool mit Frischwasser, sind sein Reich.
Hierher kommen die Leute aus «Bogotá», «Medellin» und machen am Weekend Party, teilweise die ganze Nacht durch. Ansonsten ist Saul mehr oder weniger alleine hier. Er bekommt Besuch von Nachbarn oder seinem Schwiegersohn, der in der Nähe lebt. Hat für sich eine bescheidene Hütte mit einem Bett und einer Kochstelle. Daneben pflegt er einen kleinen Garten mit diversen Früchten und Melonen. Zur Feier des Tages pflückt er eine Wassermelone und schneidet sie auf. Als wir zugreifen wollen sagt er nein, jetzt noch nicht. Der Grund ist einfach, die Melone ist von der Sonne aufgeheizt, wenn man sie jetzt essen würde, hätte man innert Kürze Bauchschmerzen. Also lassen wir sie im Schatten durch den Wind ein wenig abkühlen bevor wir sie geniessen. Inzwischen erfahren wir, dass es in der Wüste seit rund drei Jahren nicht mehr geregnet hat und dies obwohl sie von Bergen umgeben ist, in denen es häufig und viel Niederschlag gibt – faszinierendes Wetterphänomen.
Anschliessend hüpfen wir in den Pool und geniessen es, wieder einmal, mehrere längen Schwimmen zu können, machen Nachtessen und stellen uns auf eine heisse und trockene Nacht ein.


Desierto de la Tatacoa – Rivera
Am nächsten Morgen machen wir uns beizeiten auf den Weg. Durch die Wüste kommen wir auf der unbefestigten Strasse nur langsam vorwärts und wir haben eine lange Fahrt vor uns.
Wir fahren vorbei an Reis-, Mais-, Bohnen- und anderen Gemüsefeldern und Äckern die bestellt werden. Die Strasse ist gut und verläuft immer wieder durch wunderbare Baumalleen und natürlich darf die «Peaje» (Zahlstelle) nicht fehlen. Hier in Kolumbien lässt man ein Vermögen auf der Strasse liegen. So viele Zahlstellen habe ich in meinem ganzen Leben noch in keinem Land gesehen.
Der erste Campground den wir in Rivera anfahren ist eine Niete, wir kommen
mit dem Kleinen nicht unter den Bäumen durch. So fahren wir zum «Hotel Gabrieles» die haben hinter dem Haus einen grossen Platz zum Campen und auch sonst ist alles vorhanden. Die Leute sind zu Beginn sehr reserviert und wir haben das Gefühl, überhaupt nicht auf Gäste vorbereitet. Auch hier leben sie vor allem von den Wochenendbesuchern. Wir richten uns ein und müssen als erstes wieder unseren "Kleinen" entstauben. Die über 70km Wüstenstrasse haben ihre Spuren hinterlassen. Anschliessend machen wir noch etwas Reiseplanung.


Rivera
Für einen Tag bleiben wir hier, gehen Einkaufen, klopfen zu Hause an und fragen wie es geht.
Anschliessend spazieren wir durch die Anlage. Nebst diversen Pools und Sauna, haben sie eine Art Freilichtmuseum mit verschiedenen Displays die die lokalen Traditionen zeigen. Diverse Skulpturen stehen für die verschiedenen Sagen die im Land bekannt sind. Darunter ist zu unserer Überraschung auch die Geschichte von «La Llorona», der Geist einer Mutter die ihre Kinder verlor, seid dem suchend umherirrt und deren Wehklagen man in der Nacht hören kann. Es ist faszinierend, so unterschiedlich die Völker von Zentralamerika sind, diese Geschichte hat uns von den abgelegenen Bergen von Mexiko, durch alle Länder bis hierher begleitet, wie ein roter Faden, der alle miteinander verbindet.














Rivera – San Augustín
Heute geht es weiter. Wir sind am Zusammenpacken, während die Arbeiter eine neue Kamera montieren. Ich habe gerade die Kabelrolle eingezogen, als die beiden fragen, ob sie dieselbe kurz ausleihen können. Können sie, wir haben ja noch das eine oder andere zu machen. Endlich ist es soweit. Langsam rollen wir durch die schmale Ausfahrt und durch die Gassen von Rivera hinaus auf die Hauptstrasse. Wir fahren wieder an Reis-, Mais und anderen Gemüsefeldern vorbei. Die Viehwirtschaft spielt hier die zweite Geige. Vor «Pitalito» geht es wieder in die Berge hoch. Teilweise fahren wir eine wunderbare Panoramastrasse, mit Sicht nach beiden Seiten in die Täler.

Im späteren Nachmittag erreichen wir «San Augustín», wo wir etwas ausserhalb auf dem Camping «Gamcelet» einen Platz beziehen. Hier sind ein paar Jugendliche, Punkfrisuren, teilweise rothaarig, gepierced, bereits am Zelten und Kochen. Der Radio im Unterstand läuft auf Hochtouren. Wir richten uns ein, machen Tenü Erleichterung (kurze Hosen, Sandalen), normalerweise fahren wir in langen Hosen und ich in geschlossenen Schuhen. So sind hier in der Regel auch die Einheimischen unterwegs.
Anschliessend mache ich ein «Zvieriplättli», bestehend aus Käse, Salzkräcker, Mortadella, Zwiebeln und zwei Bier. Damit setzen wir uns in den Unterstand, in den Schatten.
Plötzlich fragt uns einer der Jungen, ob wir gerne einen Kaffee hätten, was wir dankend annehmen. Ich hole unsere Kaffeetassen und gleich noch unseren restlichen Kaffeelikör aus «Guatapé». So kommen wir ins Gespräch und tauschen unsere Geschichten aus – interessant.
Die Jungs und Mädels sind interessiert und amüsiert ob unserem Spanisch. Hier haben sie teilweise ganz andere Ausdrücke als in Mexico. Wir kriegen noch den einen oder anderen Tipp und ziehen uns zum Kochen in unser WOMO zurück. Es wird ein gemütlicher und ruhiger Abend.


San Augustín
Wir sind beizeiten auf und marschieren in den zwei Kilometer entfernten «Parque Arquelógico Nacional San Augustin e Isnos». Es geht bergauf und oben erstreckt sich der Park über eine Hochebene, schliesst ein Tal mit einer Quelle und einem zweiten Plateau ein. Über das ganze Areal sind ganze Steinfiguren, riesige Steinplatten mit Halbreliefs und Grabstätten mit teilweise steinernen Särgen, verteilt. Es sind keine Behausungen oder anderweitige Überlieferungen vorhanden. Bis heute ist es deshalb ein Rätsel, wer hier gehaust hat, wie die Gesellschaft funktioniert hat und weshalb diese Stätte verlassen wurde. Es können auch keine Zuordnungen zu anderen Volksgruppen wie den Maya, Azteken oder sonstiger Gruppierungen gemacht werden – bis heute ein Rätsel. In «Isnos» und an diversen anderen, kleineren Stellen in der Gegend wurden, weitere Grabanlagen und Skulpturen gefunden und können besichtigt werden. Für heute haben wir genug alte Steine gesehen und sind weit genug gelaufen. Wir spazieren zu unserem Camping zurück.










Im nah gelegenen Hostel tausche ich mein gelesenes Buch gegen ein anderes. Wir geniessen die Sonne, lesen und zwischendurch plaudern wir mit den Jugendlichen. Trotz Punk und Rock ist ihnen die eigene Volksmusik unglaublich wichtig. Sie lassen es sich nicht nehmen, ein Stück für uns abzuspielen.
Im Laufe des Nachmittags wird es zunehmend kühler. Wir ziehen uns ins WOMO zurück machen Nachtessen und … lesen weiter. Erika schläft bereits, als ich, um Einuhr morgens, das Buchende erreiche. Ein Buch in einem Mal durchlesen ist mir seit Jahren nicht mehr passiert – spannend war’s. (Buch von Steven Mosby – Kind des Bösen)


San Augustín
Wir haben uns entschlossen eine Jeep Tour zu den anderen Archäologischen Stätten, zum Magdalena River und zu diversen Wasserfällen, zu machen. Es wird ein langer, staubiger Tag. Die Sehenswürdigkeiten sind nicht das Gelbe vom Ei, die Strassen sind katastrophal und die Jeep-Fahrt dauert viel zu lang – war diesmal nicht die richtige Entscheidung.

Müde und gerädert vom langen Sitzen und hin und her Schaukeln im Jeep, kehren wir zum Camping zurück.



San Augustín – «no where» (auf einer Hochebene, 50km vor Popayán, 2996müM)
Der Weg führt uns durch die Berge Richtung «Popayán». Die Strasse ist gut und wir kommen zügig voran. Irgendwann ist die geteerte Strasse zu Ende und geht nahtlos in eine Kiesstrasse über. Dieselbe ist noch gut beieinander und eben. Nach mehreren Kilometern geht sie wieder von Kies auf Teer über. Wir fahren inzwischen auf einer Hochebene mehr oder weniger gerade aus als plötzlich eine Strassensperre des Militärs auftaucht. Wir schliessen auf und sind gespannt was jetzt passiert. Offensichtlich nehmen es die Herren sehr genau und zerpflücken jedes Fahrzeug. So wie es aussieht suchen sie nach Drogen. Jetzt sind wir an der Reihe. Die üblichen Fragen woher, wohin was geladen, keine Waffen, Fahrzeugpapiere. Ich möchte nicht abpacken und so bitte ich den Posten, bei Erika einzusteigen und das WOMO von innen zu besichtigen. Er klopft alles ab, ich zeige ihm wie die Türen zu öffnen sind, das kennen sie nicht. Er schliesst alles wieder fein säuberlich. Inzwischen sitzen bereits zwei weitere Soldaten auf dem Fahrer und Beifahrersitz während derjenige Fahrer des hinteren Fahrzeugs hell begeistert nach vorne gelaufen kommt und ruft: «una coche antigua! (ein Oldtimer)! Erika wird draussen, ich von den drei drinnen interviewt. Aber es geht mehr ums Fahrzeug, unsere Reise und die Schweiz. Inzwischen stehen sechs Soldaten ums Fahrzeug und die Kontrollen sind fast zum Erliegen gekommen. Endlich bekommen wir das ok zum Weiterfahren. Noch allen die Hände schütteln, alles Gute wünschen und los geht’s.
Die Strasse windet sich inzwischen wieder durch die Berge, links und rechts nur Busch oder Steilhang. Erneut geht sie wieder in eine Kiesstrasse über. Diesmal jedoch wird sie immer schlechter. Schlaglöcher, Spurrillen, loser Kies – mühsam. Plötzlich vor einer Brücke hält der LKW vor uns an und fährt zurück. Wir halten ebenfalls. Ich steige aus, gehe nach vorne und erblicke eine Stehende Kolone von Trucks und PW’s. Vermutlich eine Baustelle. Ich gehe wieder zum Fahrzeug zurück, nehme einen Snack hervor und nutze so die Wartezeit. Der Snack ist vorbei und wir stehen immer noch. Jetzt sind genauere Abklärungen notwendig. Ich fahre mit unserem Kleinen noch etwas nach
vorne und stelle ihn in eine Lücke. Keiner weiss so recht Bescheid, weshalb ich jetzt ganz nach vorne marschiere. Dort sehe ich die Bescherung. Ein Lieferwagen hat mitten auf dem Kiesweg einen Achsbruch erlitten und blockiert die ganze Strasse. Zurück zum WOMO, Spaten auspacken und wieder auf den Schadenplatz. Links und rechts graben wir das Bord ab, damit wir am Pannenfahrzeug vorbeifahren können. Steine müssen her, um die nasse Erde zu befestigen.
Der erste LKW fährt durch und es sind wieder riesige Gräben entstanden. Wieder auffüllen und ein paar weitere Fahrzeuge können die Stelle passieren. Inzwischen hat jemand Bretter besorgt und es gelingt ihnen das Schadhafte Rad am Pannenfahrzeug zu entfernen. Bretter werden unterlegt, so dass die Achse auf den Brettern zu liegen kommt und das schadhafte Fahrzeug von einem Truck auf eine Seite gezogen werden kann. Nach rund zwei Stunden ist es geschafft und eine genügend breite Durchfahrt ist frei. Weiter geht’s und die Strasse wird immer schlechter. Aber hier fahren PW’s, kleine und grosse Trucks aber auch kleine und grosse Linienbusse – verrückte Sache.
Nach einer Weile halten wir an, es hört sich nicht gut an. Offensichtlich sind wir irgendwo mit dem Blech unserer Anhängerkupplung aufgestanden, das Blech hat es herum gebogen und die Anhängerkupplung in die Türe gedrückt – Sch….ade!
Die geringe Bodenfreiheit ist damit noch kleiner geworden, Wir müssen deshalb sehr langsam, über die immer schlechter werdende Strasse, kriechen. Bis «Popayán» schaffen wir es heute nicht mehr. Als wir eine schöne Hochebene (2996 müM) erreichen, können wir unser WOMO neben dem Strassenrand parkieren. Die Aussicht über die Ebene und auf die Wolkenverhangenen Berge ist toll. Der Sonnenuntergang zaubert noch kurz ein paar Farben an den Himmel und wir beschliessen hier zu Übernachten.

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