Way North

Way North
Icefield Parkway

Freitag, 22. Juli 2016

KW 28/16 - Kanada, Vancouver Island

Tofino – Ucluelet (Kanada)
Die Wetterprognose von gestern war richtig, es regnet. Trotz der Platzsituation checken wir aus und gehen die Stadt besichtigen. Leider nicht unser Fall. Es fehlen die heimeligen Plätzchen, die Gartenbeizen und auch sonst ist die ganze Stadt ein zerpflücktes Etwas. Wenn man eine Wale Watching Tour, einen Flug mit dem Wasserflugzeug oder andere, geführte Touren unternehmen will ist man hier richtig. Individualisten haben nur die Strände zum Surfen, Hickingtrails sind dürftig und die Nebenstrassen oftmals privat und nicht für den öffentlichen Verkehr zugänglich. Daneben undurchdringlicher Regenwald – macht keinen Spass.
Wir fahren nach Ucluelet und laufen unterwegs noch den Pfad durch den Regenwald. Ausser ein paar «Nacktschnecken», ein paar wenigen Vögeln, sehen wir vor allem Bäume, Pflanzen und Touristen. Der Plankenweg ist noch abenteuerlich und nicht immer über alle Zweifel erhaben.

Und eben, Regenwald bei Regen ist schon fast wie Wasser in den Rhein tragen.

In Ucluelet gehen wir auf den «Ucluelet Campground», direkt am Wasser und neben der Stadt. Hier gefällt es uns wesentlich besser. Der Platz ist schön, gepflegt und bietet nebst Sicht auf den Hafen auch Regenwaldfeeling, ein Platz für alle Bedürfnisse. Dementsprechend ist auch der Mix an Campern. Zu Fuss ist man schnell in der Stadt oder am Hafen. 

In und um die Stadt sind viele, gute Fuss und Velowege, vorhanden - hier gefällt’s uns. 









Heute regnet es und ist neblig. Zeit um einen Stadtbummel und den kurzen (2.6 km) «Lighthouse Trail» um die Südspitze der Halbinsel zu machen.

Der Trail ist sehr gut ausgebaut, kinderwagentauglich und hat viele Aussichtspunkte, teilweise mehrmals dieselbe Bucht, immer aus einer anderen Perspektive – faszinierend. Trotz des «schlechten» Wetters sind relativ viele Wanderer unterwegs.
Erika schlägt mich heute bei der Ausschau nach Tieren. Sie sieht den …, die Rehgeiss mit Bambi und auch sonst alles. Der Weg ist eigentlich kurz, aber durch das Fotografieren dauert er bei uns immer drei Mal so lang. Trotz Regen und Nebel geniessen wir die Tour und machen einige Fotos.

Zurück auf dem Camping, finden wir unseren Sitzplatz mit Wäsche belegt, die schnell weggeräumt wird als wir parkieren. Ein Rudel Deutsche ist angekommen. Eine wohltuende Ausnahme. Während viel Touristen zu zweit in einem Riesenmöbel unterwegs sind, sind sie mit vier Erwachsenen und zwei Jungs in einem Wohnmobil mittlerer Grösse unterwegs – super Leistung und sicher nicht immer einfach, auf so kleinem Raum miteinander auszukommen.
Wir kommen schnell ins Gespräch und während die beiden Kurzen im Bett sind, wird es mit Stefan, Tina, Matze und Kirsten, ein vergnüglicher Abend.

Ucluelet – Qualicum Bay (Kanada)
Bevor wir weiterziehen, erwandern wir noch den zweiten Teil des «Wild Pacific Trails». Hin und zurück sind es rund 12km. Mehr ist zurzeit nicht erschlossen.





Der Trail soll einmal bis Tofino gebaut werden und die ganze Küste, zwischen beiden Orten, erschliessen. Auch dies ist ein schöner Weg, der entweder in einem gewundenen, teilweise steil auf- und abführenden Pfad der Küste entlang führt oder geradeaus, über kinderwagentaugliche Bypässe, begangen werden kann – super gemacht!
Erika sieht heute alles. So können wir Bambi auf seinem Ausflug bestaunen und ich kann ein paar Fotos eines vorbeisprintenden Fischotters machen.

Im Laufe des Nachmittags ziehen wir los, queren die Insel uns sind uns noch nicht ganz einig ob wir Richtung Norden oder Süden abbiegen sollen. Am Ende hat der Norden gewonnen. Wir fahren bis zum «Qualicum Bay Campground». Dieser wird von den First Nation, den «Qualicum» betrieben und liegt direkt an der Küste. Eine traumhafte Aussicht.


Wir hoffen hier an der engeren Passage nochmals Wale zu sehen.
Beim Abendspaziergang der Küste entlang, wir wollen eigentlich Vögel fotografieren, bleiben wir bei zwei Bikern hängen. Sie sind mit Motorrad und einem aufklappbaren Anhänger unterwegs, haben uns auf der Strasse überholt und wollen nun wissen, was für ein Gefährt wir fahren. Wir tauschen noch ein wenig Reise- und Lebenserfahrungen aus dazu gibt’s selbstgebackenen Rhabarberkuchen der Gastgeberin – sehr lecker.
Auch so wird es dunkel, wir verabschieden uns, schiessen das letzte Foto vom Weisskopfseeadler im Mondlicht und gehen schlafen.


Qualicum Bay- Browns Bay (Kanada)
Der nächste Tag wird wieder ein langer Trip, «Vancouver Island» ist schliesslich länger als die Schweiz, was uns bis anhin davon abgehalten, hat nach Norden zu fahren. In «Campell River» wollen wir übernachten, aber weder der RV Campground am Meer noch die Stadt gefallen uns und so ziehen wir weiter. Die nächste Gelegenheit kommt beim Morton Lacke. Leider müssen wir 16 km über Gravelroad mit üblen Bodenwellen und grossen Schlaglöchern fahren.  Dies wird nochmals eine Nervenaufreibende Übung. Am Morton Lake angekommen stellen wir fest, dass alle Plätze belegt oder reserviert sind – in diesem Moment verfluchen wir das Internet. Wir wenden und dieselbe Übung nochmals 16 km zurück.
Kurz vor der Einfahrt in den Highway passieren wir ein Pärchen, dass mit Ihren Motorrädern am Strassenrand stehen. Er schaut krampfhaft auf die Automarke und steht sogar hinter uns auf die Strasse. Ich bremse, setzte zurück und wir hören schon; «Peugeot, this is a Peugeot!». Sie bedanken sich, dass wir angehalten haben und es wird ein interessantes Gespräch. Beide sind «Insulaner», also Einheimische und geben uns ein paar Tipps. Der nächste Campground ist um die Ecke bei der «Browns Bay» und bei «Port McNeill» kann man einen schönen Inseltrip mit der Fähre machen.
Wir bedanken uns und fahren zur «Browns Bay» auf den «Ripple Rock RV Park», direkt am Wasser – vielleicht kommt ja noch ein Wal vorbei.

Browns Bay – Port McNeil – Sointula (Kanada)
Leider wieder nichts mit Wal, so fahren wir nach Port McNeill. Wir lösen das Ticket für die Rundfahrt nach Sointula auf Malcolm Island. Es ist nicht sicher, ob wir auf der Fähre noch Platz haben, aber wir stellen uns mal an. Es sieht aus, als ob die Fähre schon voll ist, da rufen sie noch ein Fahrzeug ab und noch eins, nun steht nur noch einer mit einem VW Bulli vor uns. Er sagt; «French cars are not allowed on the ferry!» (Französische Autos sind nicht erlaubt auf der Fähre). Wir lachen. Plötzlich werden wir aus der Kolone heraus auf die Fähre gewunken. Die Lady die uns einweist meint nur: «You are Lucky Guys today!». Der Typ im VW Bulli ist mit Kollegen und total drei Fahrzeugen unterwegs und wollen gemeinsam die Überfahrt machen. So lässt er uns den Vortritt und wir quetschen unseren «Kleinen» noch an Bord.
Der Einweiser fragt Erika ob sie noch Platz hat die Türe zu öffnen. Erika schiebt sie nach hinten und er meint völlig überrascht; «Oh, it slides!».
Während der Überfahrt fragt uns der Wagennachbar wie alt das Fahrzeug sei und woher wir kommen. Er wohnt auf Malcolm Island, wünscht uns einen schönen Aufenthalt und bedankt sich, dass wir die Insel besuchen.
Sointula macht einen hippimässigen Eindruck. Die Leute sind sehr freundliche und unkompliziert. Im Visitor Center bekommen wir erschöpfend Auskunft und wissen nun, wo es auf der Insel den besten Kaffee und die besten Fish&Chips gibt. Hungrig sind wir. So halten wir beim «Burger Barn» im Hafen an und essen einen «Salmon Burger», konnten uns nicht für Fish&Chips entscheiden. Vielleicht das nächste Mal.
Nachher queren wir die Insel und fahren auf den «Bere Point Campground». Dieser liegt an einer ruhigen, schönen Bucht, in der die Orcas vorbeikommen, um sich an den Steinen zu reiben. Wer weiss, vielleicht sehen wir sie ja.

Unsere Platznachbarn sind zwei Tramperinnen aus Deutschland. Sie frieren, sind nass, haben zu viel Feuerholz gekauft und brennen tut es auch nicht. Das alte Problem, viel zu grosse Scheite, nicht trocken gelagert und keine Axt.
Ich frage Sue, die Platzverantwortliche, ob ich die Axt mal kurz ausleihen darf, mache Kleinholz, einen schönen Scheiterhaufen und oh Wunder, es brennt.  Immer rechtzeitig ein paar Nasse Scheite oben drauf, damit sie trocknen und anschliessend schön abbrennen. Die Freude ist gross, wir werden zum Tee eingeladen und gemeinsam wird es ein gemütlicher Abend.

Sointula (Kanada)
Am anderen Tag wandern wir den «Beautiful Bay Trail» der Bucht entlang. Leider ist nur die Hälfte passierbar, da der Restliche Weg wegespült wurde. Es ist neblig und wir schauen nach Orcas aus – leider wieder nichts. Am Nachmittag geniessen wir die Ruhe auf dem Campground die Nebelstimmung und plaudern mit Einheimischen die hier ebenfalls campen. Die Jungs ziehen mehrmals an unserem WOMO vorbei, wir grüssen sie und beim vierten Mal dreht sich der ältere (ca. 12 Jahre) um und meint: «By the way, your van is cool!».
Am Abend starten wir mit dem restlichen Holz der deutschen Ladies unser erstes «Campfire». Es ist verrückt, wenn Einheimische Campen gehen, muss immer ein Campfire her. Dafür bringen sie Holz mit oder Kaufen die Bündel im Supermarkt oder beim Camping. In der Regel sind es riesige Scheite die man zuerst spalten muss. Im Wald wird so gut wie nie was zusammengesucht. So ist das typische Geräusch auf einem Camping das klopfen der Äxte. Der typische Geruch ist «Campfire». Viele können kein richtiges Feuer machen und so qualmen die zu grossen und nassen Scheite vor sich hin. Manchmal werden die Nachbarn, ohne Rücksicht auf Verluste, vollständig eingenebelt. Gegen Mosquitos hilft es, aber man stinkt wie eine Rauchwurst. Der Zedernholzgeschmack ist süsslich und kann sehr penetrant sein - Eau de Cologne «Forest».

Sointula – Alert Bay (Kanada)
Die Orcas haben wir nicht und von der Insel genug gesehen. Wir fahren Richtung Fähre und wen treffen wir in Sointula am Hafen – unsere Bicker von der Qualicum Bay. Wir halten an, sie sind noch etwas überrumpelt, da sie hier nicht mit uns gerechnet haben. Es wird ein freudiges Hallo.

Wir erfahren, dass sie in der «Alder Bay» auf einem schönen Campground stehen und von dort aus die Trips mit Ihren Motorrädern unternehmen. Bei schönstem Wetter eine erfolgreiche Walewatching Tour gemacht, und fast alles gesehen haben, sogar die Orcas, die sich auf den vorherigen Touren nicht blicken liessen – das merken wir uns. Wir geben ihnen den Tipp mit der Fish&Chips Barn und den Zustand der Strasse nach der «Bere Point» mit auf den Weg und schon heisst es wieder Abschied nehmen.
Vor der Verschiffung gehen wir noch auf einen Kaffee bei «Coho Joe» vorbei. Glück gehabt, der Kaffee schmeckt ausgezeichnet und hat keinen Lachsgeschmack (Coho ist eine Lachsart). Ein nettes Kaffee, wo man auch gut essen kann.

Sointula – kurzer geschichtlicher Rückblick
Ende des 19ten Jahrhunderts, veranlassten politische und ökonomische Unruhen in Europa, viele Europäer auszuwandern. Sie verteilten sich unter anderem über Kanada und suchten hier ihre Freiheit, Gerechtigkeit und neue ökonomische Möglichkeiten. Einige Finnen die genug hatten vom Druck in den Kohleminen von Vancouver Island, bildeten unter der Führung des charismatischen, Utopisten, Sozialisten und Journalisten Matti Kurikka, eine Kommune auf Malcolm Island. Sie nannten sie «Sointula», was bedeutet «Platz der Harmonie». Das Ziel war eine Gesellschaft in der Eigentum Allgemeingut ist. Jeder teilt, jeder partizipiert und jeder ist gleich, auch die Frauen, was zu diesem Zeitpunkt revolutionär war.
Sie bauten eine Giessrei, eine Ziegelei, eine Sägemühle, eine Schmiede. Sie publizierten AIKA (Zeit), die erste Finnische Zeitung in Kanada, um neue Mitglieder nach Sointula zu bringen.
Sie glaubten an «Körper und Geist» und es gab deshalb reguläre Übungen in Gymnastik, Musik, Konzerte und Dramaproduktionen.
Leider war Kurikka mehr Idealist als Praktiker und nach mehreren Fehlentscheiden verliess er die Kommune. Mit Austin Makela nahm man nochmals einen Anlauf, die Kommune am Leben zu halten. Scheiterte jedoch nach vier Jahren und gab das Land wieder der Regierung von British Columbia zurück. Die Leute kauften anschliessend ihr eigenes Land, gingen zurück zum kommerziellen Fischfang und in die Holzfällerindustrie. Der «Spirit» von Sointula war und ist bis heute ungebrochen. Sie gestalteten ihre eigene Insel, was man aus unserer Sicht heute noch sieht und spürt. Es herrscht eine gewisse Harmonie über allem.

Die Fähre ist pünktlich und es ist wenig Betrieb. Wir setzten über nach Port McNeill, fahren von der Fähre runter um das Fährhäuschen herum und wieder auf dieselbe Fähre rauf. Und weiter geht es zur «Alert Bay».
Dort angekommen eine Stipvisite im Visitor Center und anschliessen auf den Campground, wo wir wieder auf die deutschen Ladies mit ihrem Hund Bernie treffen. Der Campground ist schwach besetzt, aber da die Formulare für den «Self Check In» ausgegangen sind können wir keinen machen. Wir stellen unser WOMO mal hin, kriegen den Code für die WC’s von den Ladies und machen anschliessend einen Rundgang durch den «Ecological Park» mit seinem schönen Marschland und besichtigen die Totempfähle im Ort.

Am Abend zaubert der Sonnenuntergang ein wunderbares Feuerwerk an den Himmel. Leider ist die Aussicht zum Fotografieren nicht ideal – aber man kann ja nicht immer gewinnen.



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