Mittwoch, 5. Juli 2017

KW 23/17 - Bolivien Zentral

Cochabamba
Heute wollen wir weiter. Glücklich über den wieder einwandfreien arbeitenden Vergaser, starten wir frohen Mutes und Tatendrang den Motor. Er stottert und säuft ab – Sch…on wieder – macht kein Spass. Wie ich die Situation genauer betrachte, spritz er das Benzin direkt in grossen Mengen ein. Ist das ersetzte Ventil schon wieder hin? Ich nehme den oberen Teil des Vergasers ab und was sehe ich … der «Schwimmer» ist ein «Taucher». Offensichtlich hat der frisch eingesetzte Schwimmer ein Leck, hat Benzin aufgenommen, schwimmt nun nicht mehr und kann deshalb auch das Ventil nicht schliessen. Ich setze wieder unseren alten Schwimmer ein und siehe da, es funktioniert wieder.
Wir beschliessen nochmals einen Tag hier zu verweilen die warme Sonne zu geniessen. Es ist am Tag so warm, dass man im Garten mit kurzen Hosen und nacktem Oberkörper sonnen kann. Nochmals Sonne tanken, bevor wir in kältere Gefilde aufbrechen.


Cochabamba - Torotoro
Jetzt geht es los, der «Kleine» läuft an und nach kurzer Zeit schnurrt er wieder wie eine Katze. Unser Ziel ist «Torotoro» und der gleichnamige Nationalpark. Es ist der kleinste und zugleich neueste Nationalpark von Bolivien. Von anderen Reisenden haben wir erfahren, dass es über Kopfsteinpflaster ins Tal geht. Mal sehen.
Wir fahren bis «Tatara» und zweigen in das Seitental ein. Zuerst ein paar staubige Meter auf der Kiesstrasse und tatsächlich geht es unmittelbar am Dorfausgang auf einer Kopfsteinpiste weiter. Es
holpert ganz ordentlich, aber die Piste ist soweit gut, ohne grosse Löcher und Fehlstellen. Einzig die Bachübergänge sind steil und wir müssen immer wieder abbremsen, runterschalten und langsam durch die Furt fahren. Wenigstens kein Staub … haben wir gedacht.
Das Tal ist wunderbar und die Rainbow-Mountains die wir in Cuzco nicht mehr besuchten, finden wir hier auf dem Weg nach Torotoro. Wunderbar rot, gelb, beige gestreifte Höhenzüge. Die Faltung der Berge ist ebenso eigenartig wie die Farben – traumhaft.
Leider werden wir wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt, es konnte ja nicht so einfach sein. Plötzlich hört das Kopfsteinpflaster auf und eine staubige und
teilweise ruppige Strecke beginnt. Es ist die Steigerungsform von Staub, diesmal ist er nicht nur grau wie unsere Polster, sondern auch noch rot – super, gibt wieder viel Arbeit beim Entstauben. Nach einigen Stunden haben wir endlich das Dorf erreicht und fädeln unseren Kleinen auf dem Parkplatz der «Villa Etelvina» ein.
Zuerst ist Entstauben angesagt und anschliessen geht es zu Fuss ins Dorf. Beim Marktplatz bekommen wir für 10 Bolivianos (rund CHF 1.40) ein komplettes Menu mit Fleisch, Gemüse, Reis, Salat und einem Ei – Wahnsinn (in den Städten kostet dasselbe rund 3-4x mehr).
Wie wir einen Kaffee trinken gehen stellen wir fest, in was für einem krassen Gegensatz die Getränkepreise zum Essen stehen. Ein Kaffee kostet rund 6-8 und ein Bier rund 20-25 Bolivianos, kaum zu glauben.


In diesem Nationalpark ist es nicht möglich, ohne Guide eine Tour zu machen. So stehen wir, zum Leidwesen unserer Hausmutter früh auf, frühstücken und machen uns auf zum Parkbüro, wo wir den Obolus für den Park begleichen und zum Büro der Guides, wo wir einen eigenen Guide engagieren. Wir wollen uns nicht nach einer Gruppe richten, sondern nach unserem Gusto die Landschaft und die Vögel erkunden. Hier leben die endemischen Rotohraras. Wir hoffen sie zu sehen und auch fotografieren zu können. Bereits unterwegs haben wir sie fliegen sehen, leider immer zu weit weg. Auch Mönchssittiche und andere Vogelarten sind zugegen.
Mit José unserem Guide machen wir uns auf den Weg. Wie wir
später erfahren, ist er der Präsident der Vereinigung der Guides. Er ist begeistert von der Archäologie, zeigt und erklärt auf eindrückliche Weise die Entstehung der Saurierspuren, die im ganzen Tal zu finden sind. Zu jeder Spur zeigt er uns den passenden Saurier und erklärt uns die einzigartige Faltung des hiesigen Gebirges. Sowas haben wir bisher noch nirgends gesehen. Mit den Vögeln hat er leider etwas Mühe, obwohl er immer wieder danach Ausschau hält, bleiben sie rar. Wir sind dafür zu spät und an den falschen Orten unterwegs. Wir wandern bis zum beeindruckenden, dreihundert Meter tiefen Cañon. Der Ausblick ist super. Hier schlafen in der Regel viele Vögel in den Steilhängen, sind jedoch unter Tags im Tal draussen, am grossen Fluss und kehren erst gegen Abend heim – schade!

Von hier marschieren wir zuerst dem Cañon-Rand entlang und steigen anschliessen die Treppen in die Schlucht hinunter. Das Ziel sind die Wasserfälle «La Vergel», bei denen man auch Baden kann.
Hier haben wir eine Rast von rund 45 Minuten, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Wir teilen José mit, dass wir den Wandertour Loop erweitern möchten, was er freudig quittiert. So geht es zuerst denselben Weg zurück. Am Fusse der Treppe teilt er uns mit, dass wir nun zwei Optionen haben. Die Abenteuerliche Tour durch den Cañon oder wieder die Treppe hoch und entlang desselben. Wir entscheiden uns für ein wenig Abenteuer, zweigen ab und schon geht es auf einem schmalen Pfad der Schluchtwand entlang. Hinauf und hinunter, teilweise mit halben Kletterpartien. Wir sind erstaunt, zumal die Strecke bei weitem nicht für Jerdermann bzw. -frau gemacht ist. Irgendwie muss der Guide ein gewisses Gottvertrauen in unsere Kletterkünste und unsere Schwindelfreiheit haben.
Der Weg ist anspruchsvoll aber schön. Immer wieder staunen wir, wie unser Guide einen Stein zurechtrückt, damit man sicher den Fluss passieren kann oder dass man einen sicheren Tritt hinauf oder hinunter findet. Der absolute Hammer war, als er im Fluss einen rund 20kg grossen Stein in beide Hände nimmt, etwa 10 bis 20 Meter die Schluchtwand hochrennt, teilweise über ein fast senkrechtes Stück, freihändig hochbalanciert und den Stein gezielt vor dem Einstieg zum Weg platziert, so dass man einen sicheren Tritt zum hochsteigen hat. Dafür braucht es Weitsicht, gute Kondition und einen sicheren Tritt – unglaublich der Kerl! Unterwegs sammelt er auch Unrat auf und nimmt ihn mit. Was für ein Gegensatz zum Dorf, wo der Müll überall herumliegt. Hoffen wir, es färbt von dieser Einstellung ein wenig auf die Dorfbevölkerung ab.
Wir queren die Schlucht an einer Schmalstelle, wandern am gegenüberliegenden Hang entlang bis zu einer Höhle. Von weitem hätte man nicht erwartet, dass man hier entlanggehen kann. In der Höhle selbst, finden sich wiederum Saurierspuren der Wand entlang – unglaublich!

Wir durchqueren dieselbe und quetschen uns auf der hinteren Seite durch einen schmalen Spalt, hinaus auf die andere Seite des Berges. Dort folgen wir dem Flusslauf Richtung Dorf und steigen etwas später die Wand hoch, überqueren eine Ebene, bis wir zu den unmöglichsten Gesteinsformationen kommen.
Das eine ist der «Champion-Garten», das andere das «Meteoritenfeld», benannt nach den jeweiligen Steinen, die hier von der Natur auf wundersame Weise, geformt wurden. Fantastisch was es alles gibt.

Von hier sind es noch ein paar Schritte bis zu den nächsten Feldern mit Spuren der Fleischfressenden Dinosaurier. Die längste Spur setzt sich aus 40 Fussabdrücken zusammen. José pinselt einen nach dem Andern frei und folgt
ihnen über die ganze Felsplatte. Obwohl er sicher schon viele Touren hinter sich hat, ist er so begeistert davon, dass man ihn kaum bremsen kann.
Irgendwann ist es dann geschafft und wir streben dem Dorf zu, das wir kurz vor dem Einnachten erreichen. In einem kleinen Kaffee, einer Empfehlung des Guides, bekommen wir ein leckeres, günstiges Nachtessen und dazu ein «Huari», das beste bolivianische Bier. Die Wirtin ist sehr redselig und so bleiben wir länger als geplant sitzen – egal wir sind noch nicht im Stress.


Eine weitere Tour wollen wir nicht mehr machen. Alte Steine oder Höhlen haben wir genügend gesehen. Zum Friedhof der versteinerten Schildkröten sind es nur ein paar Kilometer und denselben können wir ohne Guide besuchen. In der Hoffnung unterwegs noch ein paar interessante Vögel zu sehen, machen wir uns auf den Weg. Vögel finden wir, allerdings sind sie sehr scheu und wir kommen selten so nah, dass wir gute Fotos schiessen können. Auch die Papageien sind unterwegs, aber wieder mal viel zu weit weg.
Der Schildkrötenfriedhof ist enttäuschend. Die paar versteinerten Schildkröten, Teile eines Krokodils und ein Saurierknochen sind fast nicht der Rede wert. Wir fragen die Lady an der Kasse, ob wir im eingezäunten Areal, wo die versteinerten Schildkröten liegen, herumgehen können. Sie willigt ein, begleitet uns jedoch misstrauisch und in gebührendem Abstand. Ich finde einen interessanten Gesteinsbrocken, der aussieht wie ein Gelenkknochen. Hebe diesen auf und zeige in ihr, in der Meinung, sie könne ihn einem Fachmann präsentieren. Aber nichts da, sie meint, in der Ausstellung hätte es genügend Ware – schade! Sie hat keine Ahnung, kein Interesse und wird hier draussen offensichtlich auch nicht unterstützt.
Sie zeigt uns noch eine verwitterte Schildkröte, die wir sicher übersehen hätten. Hier liegt alles offen herum und ist der Witterung
schutzlos preisgegeben. Dies ist eines der grössten Probleme. Der Park wurde viel zu spät geschützt. Viele Archäologen haben hier Raubbau betrieben, die Ware ins Ausland geschafft oder Einheimische und Touristen haben sich bedient, die Ware zu Hause gelagert oder sonst wie verscherbelt. In den Höhlen wurden die Stalaktiten und Stalagmiten abgebrochen, oder beschädigt, die Wände verschmiert und verkratzt – traurig.


Torotoro – Pukara Alto
Ohne die endemischen Rotohraras oder die hier lebenden Mönchssittiche gesehen zu haben, verlassen wir dieses schöne Tal und machen uns auf einen staubigen und holprigen Weg.

Wir geniessen nochmals die farbige, eigenartig gefaltete Berglandschaft und die Flussauen. Plötzlich sieht Erika vor unserer Nase zwei Papageien durchflattern. Wir stoppen und stellen fest, dass sich
mehrere Papageien in den Bäumen am Fluss befinden. Ob es wirklich die gesuchten sind wissen wir noch nicht. Wir schnappen die Kameras und pirschen uns an, schiessen ein paar Bilder, bevor die scheuen Vögel auffliegen. Es hat viel mehr in den Bäumen gehabt als wir vermutet haben, sie waren kaum zu sehen. Ein schönes Abschiedsgeschenk, es sind tatsächlich die endemischen Rotohraras. Häppy, dass wir sie doch noch gesehen haben, setzen wir unsere Reise fort. Wir fahren gerade einer Kaktusbesetzten Felswand entlang, als ein Schwarm Mönchssittiche auffliegt und gut sichtbar an uns vorbeirauscht. Zum Fotografieren zu schnell. Aber auch diese Kerle wollten sich offensichtlich noch von uns verabschieden. Wir haben den Talausgang noch nicht erreicht, als ich im Gegenlicht am
Kaktus vor uns einen Schwarm Mönchssittiche sehe. Das sind ja richtige Fakire, wie sie so am Kaktus hängen. Wir halten an und schiessen Fotos. Keine optimalen Lichtverhältnisse, aber es ist was zu sehen. Toll hat auch dies noch geklappt.
Mit den letzten paar Tropfen Sprit, versuchen wir am Talausgang zu tanken. Fahrzeug neben der Tankstelle hinstellen, Kanister auspacken und anstellen. Die Lady meint es gibt nur 20 Liter Benzin und dafür braucht sie noch eine Kopie des Passes. Unglaublich, aber wahr. Immerhin bekommen wir den Treibstoff zum Einheimischen Preis, ein kleines Trostpflästerchen.
Dann endlich geht die Fahrt auf der relativ gut ausgebauten Teerstrasse weiter durch die Berge. Hier wird viel Korn (diverse Sorten) angebaut, vielfach noch mit der Sichel geschnitten und anschliessend mit dem Dreschflegel bearbeitet. Sie haben viel Zeit, jedoch kein Geld für die modernen Geräte.
Heute Campen wir wieder einmal wild. Fahren hinter die Büsche zu einem Steinbruch neben der Strasse – herrlich diese Freiheit und die Ruhe!


Pukara Alto - Sucre
Nach einem guten Frühstück machen wir uns auf den Weg. Weite Teile der Strasse laufen entlang einer Krete und geben uns die Sicht frei auf die Täler zur Linken und zur Rechten. Das Wetter ist herrlich und wir geniessend die Fahrt auf einer gut befestigten und staubfreien Strasse. Hier fehlen sogar die Schlaglöcher und so ist es ein richtig entspanntes Fahren bis «Sucre», der weissen Stadt.
Diesmal ist auch die Einfahrt in die Stadt entspannt. Wir fahren bis zum Hostal «Pachamama», nahe dem Stadtzentrum. Bei der Frage nach einem Stellplatz meinen sie, wenn wir durch die Toreinfahrt passen, können wir im Innenhof übernachten. Es passt und wir sind froh, so schnell einen geeigneten Platz gefunden zu haben.
Wir richten alles ein, machen einen Bummel bis zum Stadtzentrum
und essen bei einem popig hergerichteten VW-Bus, seit langem wieder einmal ein Glacé. Auf dem nach Hause Weg finden wir eine einladende Pizzeria, an der wir nicht einfach vorbeigehen können. Der Ofen ist gut, die Auswahl noch besser und so beschliessen wir, das Glacé setzen zu lassen, drehen noch eine Schlaufe durch die Stadt, bevor wir dem Pizzajolo ein wenig Arbeit und uns ein schönes Vergnügen, verschaffen. Satt und zufrieden kehren wir zum «Kleinen» zurück und hauen uns in die Pfanne.


Es ist Sonntag und wie vielerorts in Südamerika haben die Museen geschlossen. Dies ist insofern unverständlich, als das die Leute vor allem am Wochenende ausgehen oder eine Reise unternehmen. Andere Länder, andere Sitten. Wir spazieren durch die Stadt, hoch bis zum Aussichtspunkt, geniessen im Kaffee «Mirador» die leckeren Drinks und geniessen die Aussicht über die sonnenbeschienene Stadt. Ein herrlicher und entschleunigender Fleck.
Auf dem Rückweg gehen wir noch kurz beim Markt vorbei und kaufend das eine oder andere ein.
Als wir im Hostal ankommen, ist die Familie gerade am Grillen. Ich mache zu Erika noch die Bemerkung wie lecker dies aussieht und dass ich gerade Hunger bekomme. Wir verstauen unsere Einkäufe im WOMO, als es draussen an die Türe klopft. Die Besitzerin steht mit einem gefüllten Teller vor der Türe – super! Wir danken und setzen uns zur Familie an den Tisch. Der Sohn organisiert noch ein Huari (Bier) und so kommen wir ins Gespräch. Eine interessante Familie, die hier das Hostal betreibt. Vielen Dank!
Bolivien bleibt weiterhin spannend und interessant. Bis zum nächsten Mal.

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